Vor 50 Jahren starb Autor von "Götter, Gräber und Gelehrte"

"Marek, Sie sind ein Schuft!"

Hinter "Götter, Gräber und Gelehrte" steckt eine der ungewöhnlichsten Anekdoten der Verlagsgeschichte: Niemand außer dem Autor hatte vor Drucklegung das Manuskript gelesen. Irgendwie typisch für seinen gewieften Schöpfer.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
Mor Mattai / © Johlige (shutterstock)

"Sie sind ein Schuft!", soll Ernst Rowohlt gerufen haben, als ihm sein Lektor Kurt Marek die Wahrheit über den Roman "Götter, Gräber und Gelehrte" beichtete. Denn hinter dem Autor C.W. Ceram steckte kein anderer als Marek selbst. Doch sollte sich der "Roman der Archäologie" seit Erscheinen 1949 zum größten deutschsprachigen Sachbucherfolg entwickeln. Bis heute erreichte er eine Weltauflage von fünf Millionen Exemplaren in 33 Sprachen. Der Name des Autors - oder sein Pseudonym - prangt auch 50 Jahre nach seinem Tod am 12. April 1972 noch in vielen Regalen.

Sohn eines Tischlers

Überhaupt war Marek, der am 20. Januar 1915 in Berlin als Sohn eines Tischlers geboren wurde, ein umtriebiger Mann. Schon während der Ausbildung als Verlagsbuchhändler hörte er Vorlesungen in Geschichte, Literatur- und Kunstwissenschaft. 1932 wurde er freier Mitarbeiter für Presse und Rundfunk in Berlin. Dem NS-Regime stand er ablehnend gegenüber. Im Zweiten Weltkrieg arbeitete er zeitweise als Kriegsberichterstatter, wurde 1943 bei Monte Cassino verwundet und geriet 1945 in amerikanische Gefangenschaft.

Bericht über die Ausgrabung der biblischen Stadt Ninive

Dort fiel ihm ein Bericht über die Ausgrabung der biblischen Stadt Ninive durch Henry Austen Layard in die Hände: Die Idee, einen "Roman der Archäologie ohne wissenschaftliche Ambitionen" zu schreiben, war geboren. 1946 kam er in Hamburg in einem zerbombten Haus unter, zufällig als Nachbar von Verlagsleiter Ernst Rowohlt. Der fand Gefallen an dem jungen Literaturkenner und gab ihm einen Vertrag als Lektor. Interesse an einem Archäologie-Roman hatte er freilich nicht. Dennoch sichtete Marek, der auch noch Feuilleton-Redakteur der "Welt" und Mitarbeiter beim Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR) wurde, in seiner knappen Freizeit heimlich in Bibliotheken Unmengen an Reiseberichten, Briefen und Tagebüchern berühmter Archäologen.

Nach gut drei Jahren präsentierte er seinem Chef den Text eines gewissen C.W. Ceram mit den leicht hintertriebigen Worten: "Ich hab hier ein Manuskript, das wir unbedingt bringen müssen!" Dass der hochgeschätzte "Ziehsohn" seinen Namen umgedreht hatte, fiel Rowohlt nicht auf; er winkte das Buch ungeprüft durch. Erst kurz vor Drucklegung im Herbst 1949 eröffnete ihm Marek die Wahrheit.

Pseudonym wegen der Bekanntheit

Dass er ein Pseudonym wählte, begründete Marek mit seiner Bekanntheit als Journalist. "Mir war klar, wenn dieser 'Marek' jetzt mit einem 'Roman der Archäologie' herauskam, dann würde ihm das weder die Kritik noch der Buchhandel abnehmen, vom Publikum ganz zu schweigen."

Sternstunden der Altertumsforschung

In seinem über 450 Seiten dicken Tatsachenroman führt Marek durch Sternstunden der Altertumsforschung: Von der Entdeckung Trojas durch Heinrich Schliemann über die Entschlüsselung der ägyptischen Hieroglyphen, die Öffnung der Grabkammer Tut-Anch-Amuns bis hin zur Ausgrabung der Maja- und Aztekenstädte in Mittelamerika. Mit Ehrfurcht spricht der Autor von den erstaunlichen Leistungen der frühen Hochkulturen.

Auch weist er auf manches Fehlverhalten vermeintlicher "Experten" hin. So etwa auf die Tatsache, dass der britische Lord Elgin die Erlaubnis, einige Steine vom Parthenon in Athen zu entfernen, allzu großzügig auslegte: Heute müssen die Griechen das Britische Museum besuchen, um ihren Schatz zu sehen. Dass Marek stets nur von männlichen Archäologen spricht, mag seiner Zeit geschuldet sein. Einzige Ausnahme: Sophia Schliemann, die ihrem Gatten bei der Ausgrabung Trojas half.

Buch erscheint 1950 in den USA

Bereits 1950 erschien das Buch in den USA und wurde hochgelobt. Was Wunder, dass Hollywood zugriff: 1954 erschien bei MGM der Film "Tal der Könige" mit Robert Taylor. Zugleich übersiedelte Marek nach New York. Dort veröffentlichte er weitere Bestseller wie "Enge Schlucht und schwarzer Berg. Die Entdeckung des Hethiterreiches" (1955) oder "Eine Archäologie des Kinos" (1965). Sein letztes Buch "Der erste Amerikaner" (1971) beleuchtete Forschungen über die vorkolumbianischen Ureinwohner.

Rückkehr nach Hamburg

Marek war 1971 aus den USA nach Hamburg zurückgekehrt. Dort starb er am 12. April 1972 mit nur 57 Jahren an Herzversagen. Doch landete er erst 2003 einen weiteren Erfolg: Sein 1956 von Rowohlt abgelehntes Manuskript "Eine Frau in Berlin" über Vergewaltigungen durch die Rote Armee war 1959 in einem kleinen Verlag erschienen. Zum Bestseller wurde es erst, nachdem Hans Magnus Enzensberger es wiederentdeckt hatte.

Quelle:
KNA