Vor 400 Jahren wurde der Religionsphilosoph Pascal geboren

Einer der "Superstars des Katholizismus"

Ein bewegendes Naturschauspiel oder eine erlösende Nachricht. Darin mögen manche gläubigen Menschen die Zuversicht finden, dass Gott existiert. Blaise Pascal näherte sich dieser Frage aus einer ganz anderen Richtung, der Mathematik.

Statue von Blaise Pascal, französischer Philosoph und Literat, am 22. Mai 2023 in Paris / © Corinne Simon (KNA)
Statue von Blaise Pascal, französischer Philosoph und Literat, am 22. Mai 2023 in Paris / © Corinne Simon ( KNA )

Für den Publizisten Peter Seewald ist er einer der "Superstars des Katholizismus", und in der Corona-Zeit gewannen manche seiner Gedanken neue Aktualität.

Anselm Grün OSB

Der Münsterschwarzacher Benediktinerpater gilt als der bekannteste Mönch Deutschlands und als einer der erfolgreichsten Autoren christlicher Literatur. Seine Werke bringen es nach eigenen Angaben auf rund 20 Millionen Auflage. Übersetzt wurden sie demnach in rund 30 Sprachen. Derzeit seien etwa 300 Titel lieferbar.

Wenn die eigenen Bücher gelesen würden und Säle bei Vorträgen voll seien, sei er dankbar; darüber dürfe man sich aber nicht definieren. "Das ist ein Geschenk, und es ist nicht mein Verdienst." 

Pater Anselm Grün / © Harald Oppitz (KNA)
Pater Anselm Grün / © Harald Oppitz ( KNA )

So erklärte Benediktinermönch Anselm Grün, der christliche Philosoph und Literat Blaise Pascal habe schon im 17. Jahrhundert gewusst: "Das Problem des modernen Menschen ist, dass keiner mehr allein in seinem Zimmer bleiben kann".

Die 32 Sätze der Euklidischen Geometrie lernte er mit 12

Am 19. Juni 1623, also vor 400 Jahren, wurde Pascal geboren. Als Kind eher kränklich, verlor er mit drei Jahren seine Mutter. Wenige Jahre später siedelte die Familie nach Paris um.

Sein Interesse an der Mathematik zeigte sich früh und in solcher Intensität, dass sein Vater fürchtete, er könne die Sprachen vernachlässigen.

Bereits mit zwölf Jahren erschloss sich Pascal spielerisch die ersten 32 Sätze der Euklidischen Geometrie.

Mit 16 Jahren hielt er seinen ersten Vortrag an der Academie de mathematique – über das geometrische Problem der Kegelschnitte. Wenig später wurde er auch Kardinal Richelieu vorgestellt.

Die Herstellung der Pascaline war zu teuer

Seine erste Erfindung machte er 1642: eine Rechenmaschine für seinen Vater, der zu diesem Zeitpunkt oberster Steuereinnehmer für die Normandie war.

Die später so bezeichnete Pascaline setzte sich nicht durch, weil ihre Herstellung zu teuer war.

Doch der Wissensdurst des jungen Mannes war nicht zu stillen; so befasste er sich mit physikalischen Phänomenen wie Luftdruck und Vakuum.

Familie begegnete Glaubenslehre von Reformbischof Jansen

Diese Themen hatten damals auch spirituelle Relevanz: Schon die antiken Philosophen hatten den "horror vacui" beschrieben, eine vermeintlich natürliche Abneigung gegen die Leere. Das Thema sollte Pascal weiter umtreiben; in späteren Jahren diskutierte er darüber mit anderen Denkern wie René Descartes.

Zunächst nicht sonderlich religiös geprägt, begegnete die Familie der Glaubenslehre des niederländischen Reformbischofs Cornelius Jansen; die jüngere Schwester Jacqueline wollte daraufhin in einen Orden eintreten.

Schmerzen in den Beinen als Zeichen Gottes

Pascal selbst interpretierte seine häufigen Schmerzen in den Beinen als göttliches Zeichen und beschloss, fromm und asketisch zu leben. Der Ordenseintritt seiner Schwester erfolgte nach dem Tod des Vaters 1651.

Am Abend des 23. November 1654 machte der junge Mann selbst eine Art mystische Erweckungserfahrung – die für ihn von solcher Bedeutung war, dass er sie auf einem Pergamentstreifen festzuhalten versuchte.

Dieses "Memorial" trug er, in seinem Mantel eingenäht, immer mit sich; es wurde erst nach seinem Tod gefunden.

Auf die Erweckungserfahrung folgte das geistige Exil

Ab diesem Zeitpunkt besuchte Pascal seine Schwester häufig im Kloster und zog sich aus der mondänen Pariser Gesellschaft zurück.

Neben mathematischen Studien verfasste er Briefe zu aktuellen theologischen Debatten und begann mit einem Großwerk zum Christentum: den "Pensees", zu deutsch "Gedanken".

Was die Pascalsche Wette übers Leben aussagt

Sein früher Tod verhinderte die Fertigstellung jener Sammlung. Pascal starb mit 39 Jahren am 19. August 1662, wenige Monate nach dem Tod seiner jüngeren Schwester. Dessen ungeachtet handelt es sich bis heute um einen der meistgelesenen philosophisch-religiösen Texte.

Berühmt ist der Abschnitt, der als Pascalsche Wette bekannt wurde: Demnach gewinnt derjenige alles, der auf die Existenz Gottes setzt, wenn Gott tatsächlich existiert.

Doch auch wenn Gott nicht existiert, hat sich der Einsatz aus Sicht Pascals gelohnt: Denn ein gutes, gottgefälliges Leben ist Lohn an sich.

Durch Logik, Verstand und Spieltheorie zu Gott

Die Texte verfolgen das klare Ziel, Leserinnen und Leser mit logisch-rationalen Argumenten, mit Spieltheorie und Wahrscheinlichkeitsrechnung, zu überzeugen.

Auch die Widersprüche im menschlichen Dasein, die in den "Pensees" beschrieben werden, prägten die Philosophie bis in die Neuzeit hinein.

Friedrich Nietzsche ehrte ihn als "den einzigen logischen Christen"; der Schriftsteller Aldous Huxley betrachtete die Haltung Pascals eher kritisch als "diesseits-feindlich".

Seligsprechung wäre religionsgeschichtlich bemerkenswert

Vor sechs Jahren sagte Papst Franziskus in einem Interview über Pascal: "Ich glaube, dass er die Seligsprechung verdienen würde." Ein Jesuit, der einen Anhänger des Jansenismus seligspricht – das wäre religionsgeschichtlich bemerkenswert.

Und es würde passen zum Autor von Zeilen wie: "Das Herz hat seine Vernunftgründe, welche die Vernunft nicht kennt."

Enzyklika "Fides et ratio"

Auszüge aus der 1998 von Papst Johannes Paul II. veröffentlichten Enzyklika "Fides et Ratio" (Glaube und Vernunft):

"Eine Philosphie, die nicht mehr die Frage nach dem Sinn des Daseins stellt, würde ernsthaft Gefahr laufen, die Vernunft zu rein instrumentalen Funktionen zu degradieren, ohne jegliche echte Leidenschaft für die Suche nach der Wahrheit."

Papst Johannes Paul II. unterschreibt seine Enzyklika "Fides et ratio" (KNA)
Papst Johannes Paul II. unterschreibt seine Enzyklika "Fides et ratio" / ( KNA )
Quelle:
KNA