Vor 30 Jahren sprach der Papst sein Basta zu Priesterinnen

Wille für die Weihe bleibt

Die Kirche sei nicht in der Lage, Frauen zu Priesterinnen zu weihen, stellte Papst Johannes Paul II. vor genau 30 Jahren fest. Damit sollte die Diskussion endgültig beendet werden. Doch er erreichte genau das Gegenteil.

Autor/in:
Hannah Krewer
Frauen der kfd demonstrieren für die Einführung einer Frauenweihe / © Julia Steinbrecht/KNA (KNA)
Frauen der kfd demonstrieren für die Einführung einer Frauenweihe / © Julia Steinbrecht/KNA ( KNA )

Es gibt sie tatsächlich: Frauen, die von sich sagen, sie seien römisch-katholische Priesterinnen. Sieben von ihnen unterzogen sich etwa 2002 dem Weiheritus auf einem Donauschiff. Sie wollten damit auch ein öffentliches Zeichen des Protests gegen Papst Johannes Paul II. setzen.

Der hatte am 22. Mai 1994, also vor 30 Jahren, im Apostolischen Schreiben "Ordinatio Sacerdotalis" ("Priesterweihe") festgehalten: "Damit also jeder Zweifel [...] beseitigt wird, erkläre ich kraft meines Amtes [...] dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben."

"Keinerlei Vollmacht" - auf diesen Begriff kommt es an. Denn dahinter steht die Vorstellung, dass die Kirche Frauen nicht einmal weihen könnte, wenn sie es wollte. Dem Lehramt zufolge ist diese Frage ein für alle Mal beantwortet. Punkt. 

Nichtsdestotrotz haben die sieben Frauen von 2002 inzwischen weltweit mehrere hundert Nachfolgerinnen gefunden, die es ihnen gleichgetan haben. Ohne dass sie dafür eine offizielle Anerkennung der katholischen Kirche erhalten hätten. Was sie aber nicht davon abhält, genau diese weiter einzufordern.

John Perumbalath, Bischof von Bradwell in der Church of England, weiht zwei Frauen zu Priesterinnen am 26. Juni 2021 in der anglikanischen Kirche Ascension with All Saints in Chelmsford. / © Christian Sinibaldi/KNA (KNA)
John Perumbalath, Bischof von Bradwell in der Church of England, weiht zwei Frauen zu Priesterinnen am 26. Juni 2021 in der anglikanischen Kirche Ascension with All Saints in Chelmsford. / © Christian Sinibaldi/KNA ( KNA )

Johannes Paul II. wollte autoritativ eine Debatte beenden, die schon Jahrzehnte zuvor begonnen hatte. Doch anscheinend erreichte er das Gegenteil. Die Diskussion gewann erst so richtig an Fahrt. Schon Ende 1995 sah sich die oberste Glaubensbehörde im Vatikan genötigt zu bekräftigen: "Diese Lehre fordert eine endgültige Zustimmung, weil sie auf dem geschriebenen Wort Gottes gegründet und in der Überlieferung der Kirche von Anfang an beständig bewahrt und angewandt [...] worden ist."

Theologen aus unterschiedlichen Fachrichtungen sehen diese Begründung als schwach und historisch unzureichend an. Allerdings sei die Theologie dem kirchlichen Lehramt in Rom politisch immer unterlegen, wendet der emeritierte Bonner Kirchenrechtler Norbert Lüdecke ein. Kirchenrechtlich sei am päpstlichen Verdikt nicht zu rütteln. "Das ist wahrlich kein erfreulicher Befund, aber ein ehrlicher", so Lüdecke. 

Norbert Lüdecke / © Harald Oppitz (KNA)
Norbert Lüdecke / © Harald Oppitz ( KNA )

"Johannes Paul II. hat mit 'Ordinatio Sacerdotalis' alle offiziell darauf hingewiesen, dass über die Unwiderruflichkeit dieser Lehre unter den Bischöfen und mit ihm Konsens besteht und es sich damit um eine unfehlbare Lehre des Bischofskollegiums handelt", sagt der Fachmann. Selbst ein zukünftiger Papst könne das nicht mehr ändern.

2018 kritisierte Glaubenspräfekt Kardinal Luis Ladaria im "Osservatore Romano" das Säen von Zweifeln daran, dass die Lehre des Schreibens endgültig sei. Damit würden die Gläubigen nur verwirrt.

Trotz all dem fühlen sich katholische Frauen zum Priestertum berufen

Rund 150 von ihnen erzählen davon in einem 2021 erschienenen Buch. Viele litten sehr darunter, dass sie die verspürte Berufung nicht leben könnten, heißt es dort. Das sei "letztlich tragisch", meint Lüdecke, weil es sich in lehramtlicher Sicht um irrige subjektive Befindlichkeiten handle. Dass Frauen immer noch Hoffnung gemacht werde, dass eine Priesterweihe für sie irgendwann möglich sei, hält er für "verantwortungslos".

Bischöfe bekunden Sympathie für die Frauenweihe 

So sagte der Bischof des Bistums Sankt Gallen in der Schweiz, Markus Büchel, vor zwei Jahren in einem Interview: "Ich kann mir viele Frauen als Priesterinnen vorstellen." Ähnlich äußerte sich der österreichisch-brasilianische "Amazonas-Bischof" Erwin Kräutler.

In Deutschland sprachen sich unter anderem die Bischöfe Georg Bätzing (Limburg), Franz-Josef Overbeck (Essen) und Peter Kohlgraf (Mainz) für Frauen in Weiheämtern aus - ohne dass aber immer klar war, welche Ämter sie genau meinen.

Auch die Teilnehmer des Deutschen Reformprojekts Synodaler Weg votierten mehrheitlich dafür, den Vatikan um eine Überprüfung der Lehre von "Ordinatio Sacerdotalis" zu bitten - auch im Hinblick auf ihren Verbindlichkeitsanspruch. Zugleich gibt es in Deutschland und weltweit nicht wenige Bischöfe, die keinen Spielraum für eine Änderung dieser Lehre sehen. Die Situation bleibt verfahren. 

Und wie wäre es, Frauen zu Diakoninnen zu weihen? 

Diese Tür scheint noch nicht ganz geschlossen. 2023 diskutierte die von Papst Franziskus einberufene Weltsynode über das Thema. Die Diakonenweihe für Frauen biete aber nicht das, was Reformer wollten, so Kirchenrechtler Lüdecke. Diakoninnen stünden zwar auf der untersten Stufe des dreistufigen Weihemodells - Diakon, Priester, Bischof - in der katholischen Kirche. Aber: "Für Frauen wäre damit Schluss, während männliche Diakone noch weitere Weihen empfangen könnten."

Vatikan will Debatten zu Frauenweihe und Homosexualität stoppen

Rom stellt ein Warnschild auf und will deutsche Reformbestrebungen stoppen. Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hat den deutschen Bischöfen in einer offiziellen Note mitgeteilt, dass die den Männern vorbehaltene Priesterweihe und die Lehre der Kirche zur Homosexualität nicht verhandelbar seien, berichtet die katholische Wochenzeitung "Die Tagespost". Der Pressesprecher der Bischofskonferenz, Matthias Kopp, bestätigte, dass den Bischöfen das Schreiben bei ihrem Ständigen Rat zu Wochenbeginn vorgelegen habe.

Statue des Apostels Petrus im Vatikan (shutterstock)
Quelle:
KNA