Plötzlich fiel Licht in die Trümmer

Von Kriegsfinsternis und Friedenslicht

75 Jahre sind ein ganzes, langes Leben. 75 Jahre und zwei Tage, also ein ganzes, langes Leben, haben wir jetzt Frieden. Und Freiheit.

Die Sängerinnen und Sänger als "lebendige Steine" / © Marcel Buckan (DR)
Die Sängerinnen und Sänger als "lebendige Steine" / © Marcel Buckan ( DR )

75 Jahre ist der Krieg, in dem 60 - 70 Millionen Menschen starben, war endlich vorbei. Die Nazidiktatur hat Leid und Not, Elend und Tod über die ganze Welt gebracht.

Auch über das eigene Land. „Die Stadt ist zu Staub gemahlen“, schreibt der Kriegsberichterstatter Ernest Hemingway über Düren, eine so gut wie völlig zerstörte Stadt im Rheinland.

Auf diese totale Finsternis, auf den Rassismus- und Herrenmenschenwahn, folgten wahre Sternstunden in Europa. Z.B. als die Mütter und Väter unserer Verfassung das Grundgesetz geschaffen haben.

Grundlage für Grund- und Menschenrechte, die meiner bescheidenen Einsicht nach, historisch einmalig sind. Und deren helles und wärmendes Freiheitslicht wir doch dabei sind, zu verspielen.

Z.B. mit den neuen Nationalismen. Mit den Verschwörern und Rechtsextremisten, von denen wir zulassen, dass ihr Hass immer weiter in die sogenannte Mitte der Gesellschaft dringt und aus diesem Hass, Mord und Tod, wie in Hanau und Halle, wird.

Immer mehr Menschen, die auf eine Krise der, voller Verachtung als „System“ beschimpften Demokratie, hoffen, um die Demokratie zu stürzen. Immer mehr Menschen, die vor allem in den sozialen Medien Verschwörungstheoretiker anklicken und den Hass darin weiterschicken.

Gegen diese neue Finsternis, wollte eine Großveranstaltung im und am Kölner Dom, neues Licht setzen. Das Oratorium „Lux in Tenebris“ von Helge Burggrabe erzählt von Kain und Abel, vom Brudermord, dem biblischen Urbild jedes Krieges.  Musik mit Chören, Solistinnen und Solisten, Percussion, gewaltiger Lichtkunst. Und Lyrik.

Z.B. „Abel steh auf“ von Hilde Domin. Die schreibt:

Abel steh auf/ es muss neu gespielt werden/ täglich muss es neu gespielt werden/ täglich muss die Antwort noch vor uns sein/ (…) wir können alle Kirchen schließen/ und alle Gesetzbücher abschaffen/wenn Du nur aufstehst/ (…) /damit Kain sagt/ damit er es sagen kann/ ich bin Dein Hüter/ Bruder.“

Dieses Hüten könnte so viele Gesichter haben: Widersprechen, wenn die Demokratie verachtet wird, aufklären, wenn von rechtsextremen Seiten gesteuerte Videobotschaften weitergeleitet werden. Oder auch: #staytogether in Coronazeiten.

Die Großveranstaltungen zum Ende des Zweiten Weltkrieges mussten diese Woche überall, auch in Köln natürlich, ausfallen. Die Botschaft: Ich bin Dein Hüter, Bruder, bleibt.

Und wird wunderbarerweise, wenn die Lage es zulässt, nächstes Jahr, 75+1 Jahr nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, nachgeholt.


Lebendige Steine im Kölner Dom / © Marcel Buckan (DR)
Lebendige Steine im Kölner Dom / © Marcel Buckan ( DR )