Von der Fastenordnung in der Westkirche

"Früher war mehr Fasten"

Die vorösterliche Bußzeit wird auch Fastenzeit genannt. Doch das Fasten ist in den den vergangenen Jahrzehnten in den Hintergrund gerückt. Ein Grund mehr, die westliche Tradition der Fastenpraxis näher anzuschauen.

Autor/in:
Simon Kajan
Brot und Wasser - Symbolbild zur Fastenzeit (shutterstock)
Brot und Wasser - Symbolbild zur Fastenzeit / ( shutterstock )

Wenn in westlichen Ländern vom "Fasten" die Rede ist, wird darunter heute meist eine individuelle Übung verstanden. Manche Vorschläge wie das "Klimafasten" stehen unter einem ethischen Imperativ. Andere stehen eher im Dienst der Selbstperfektionierung des Menschen oder einfach der medizinischen Gesundheit. Aber wie in den Ostkirchen betrifft das Fasten als Werk der Buße auch in der lateinischen Kirche alle, da die Buße zum Wesen der Kirche gehört. Lange Zeit hielten auch Lutheraner und Anglikaner daran fest.

Daran erinnerte auch Papst Paul VI. bei der Neuordnung der Fasten- und Bußdisziplin. In der Apostolischen Konstititution "Paenitamini" zitiert der Konzilspapst "Lumen Gentium": "Während aber Christus heilig, schuldlos, unbefleckt war (Hebr 7,26) und Sünde nicht kannte (2 Kor 5,21), sondern allein die Sünde des Volkes zu sühnen gekommen ist (vgl. Hebr 2,17), umfasst die Kirche Sünder in ihrem eigenen Schoße. Sie ist zugleich heilig und stets der Reinigung bedürftig, sie geht immerfort den Weg der Buße und Erneuerung."

Fasten für die Nachfolge Christi

Weiter erinnert Paul VI. an die Quellen in Schrift und Tradition, die ein Fasten für die Nachfolge Christi fordern. Er erinnert an die Notwendigkeit der Askese, um sich im geistlichen Sinn weiterzuentwickeln. "Vor allem will die Kirche darauf hinweisen, dass es nach uralter Tradition drei besonders ausgezeichnete Weisen gibt, das göttliche Gebot der Buße zu erfüllen: Gebet, Fasten, Werke der Liebe, wobei sie ihr Augenmerk vor allem auf das Fasten und den Fleischverzicht gerichtet hat". Diese Arten der Bußleistung seien allen Zeiten gemeinsam. Aber "in unserer Zeit sind besondere Gründe eingetreten, die es dringend nahelegen, dass je nach den verschiedenen örtlichen Verhältnissen eine ganz bestimmte Art der Buße mehr als die anderen geübt wird".

So rückt Paul VI. gegenüber dem Fasten von Speisen andere Bußwerke stärker in den Vordergrund: Werke der Liebe wie Almosen und Frömmigkeitsübungen. So fordert seine neue Fastenordnung nur mehr zwei Fasttage ein, an denen nur eine volle Mahlzeit erlaubt ist: Aschermittwoch und Karfreitag. Und auch das Abstinenzgebot, das zuvor alle Freitage des Jahres umfasste, wurde in den meisten Ländern durch die Bischöfe nach "Paenitamini" gelockert. Sie bleiben aber dennoch der Buße geweiht.

Nur eine Mahlzeit am Tag

Doch wie sahen die Fastenbräuche in vielen westlichen Kirchen aus? Unter Fasten versteht man, dass nur eine volle Mahlzeit am Tage eingenommen wird. Eine oder zwei Stärkungen waren je nach lokalem Brauch zu den anderen Zeiten der Mahlzeiten erlaubt. Am Abend "Collation" und am Morgen "Frustulum" genannt.

Bis zur Wende zum 20. Jahrhundert war auch die Abstinenz von Fleisch für die ganze 40-tägige vorösterliche Fastenzeit, einschließlich der Sonntage gefordert. Dazu kam lange auch das Verbot von «Laktizinien» wie Milchprodukte und Eier. Als "geschlossene Zeit" waren öffentliche Feste mit Tanz und und auch Feiern wie Hochzeiten untersagt oder nur als "stille Feiern" erlaubt.

McDonalds passt sich an

Neben der großen "40-tägigen Fastenzeit", die die Wochentage nach dem Aschermittwoch umfasst, gab es weitere Fasttage. So die Adventszeit, in der am Freitag und Samstag gefastet werden sollte. Seit dem 6. Jahrhundert begann diese Fastenzeit zunächt bereits am Martinsfest ("Quadragesima Sancti Martini"). Andere Fasttage waren die vier Mal im Jahr gehaltenen Quatembertage und die Vortage wichtiger Feste, den Vigilien. So waren die Vortage vom Fest der Unbefleckten Empfängnis der Gottesmutter (8. Dezember), Weihnachten, Pfingsten, Mariä Himmelfahrt (15. August) und Allerheiligen (1. November) auch Fasttage.

Ein echter katholischer Identitätsmarker im Alltagsleben war durchgängig die Abstinenz von Fleischspeisen an den Freitagen, wenn kein Festtag begangen wurde. Das bewog die Fast-Food-Kette McDonalds in den USA im Jahr 1962 den "Filet-O-Fish"-Burger ("FishMac") einzuführen, um katholischen Kunden auch an Freitagen ein Angebot unterbreiten zu können.

Messwein auf nüchternen Magen

Eine weitere Form des Fastens war der Vorbereitung auf die Kommunion in der Eucharistie gewidmet. Der Kirchenvater Ambrosius schreibt dazu in 'De Elia et Ieunio': "Jenes Mahl erlangt man als Lohn für den Hunger; und jenen berauschenden Becher erlangt man durch Nüchternheit im Verlangen nach den himmlischen Sakramenten". Verlangt war daher, ab Mitternacht zu fasten, wie es auch in den meisten orthodoxen Kirchen bis heute Brauch ist.

Nachdem aber die Abendmesse eingeführt wurde und ein größerer Wert auf die möglichst häufige Kommunion gelegt wurde, verkürzte bereits Pius XII. diese "Eucharistische Nüchternheit" auf drei Stunden vor dem Kommunionempfang und ließ bis auf eine Stunde auch den Genuss nichtalkoholischer Getränke zu. Paul VI. hat dann 1964 nur noch eine Stunde Nüchternheit verlangt.

Ist Fasten rigide?

Dennoch betonte auch Paul VI. in seiner neuen Bußordnung den inneren Wert der traditionellen Bräuche. So solle das Fasten und der Verzicht auf Fleischgenuss, "dort, wo es möglich und angebracht ist", beibehalten werden. Die übrigen Formen der Buße sollten "durch kirchliche Vorschriften autoritativ geregelt" werden, "an die Stelle der Beobachtung der Abstinenz und des Fastens Übungen des Gebetes und Werke der Liebe zu setzen".

Die alte Fastenpraxis erscheint auf den ersten Blick rigide und sie war es auch. Die strenge eucharistische Nüchternheit vor dem Kommunionempfang erzog manches Kommunionkind schon zu religiöser Angst (Skrupulosität). Zugleich kannte die Fastenordnung viele Ausnahmen für Kinder, Ältere und Schwangere. Auch schwer arbeitende Menschen galten als entschuldigt.

Manche Forderungen der alten Kirche wie das Verbot von Laktizinien stellt dagegen ein Gebot für eine vegane Ernährung in der Fastenzeit dar. Auch das ist ein Verbindung mit den christlichen Osten, in dem sogar noch die "Xerophagia" - das Fasten nur bei rohen Nüssen, Brot, Obst und Gemüse - geübt wird. Dieses jedoch geriet im Westen schon unter Gregor dem Großen aus der Mode.

Historische Fastenzeiten

Es ist allgemein bekannt, dass die christlichen Kirchen sechs Wochen vor Ostern eine Fastenzeit  begehen. Früher gab es erheblich mehr Zeiten, in den Fasten vorgeschrieben war. Ein Rückblick.

Symbolbild zur Fastenzeit (shutterstock)
Quelle:
KNA