Verwirrung um Worte des Papstes zum Synodalen Weg

Was hat Franziskus wirklich gesagt?

Hat Papst Franziskus das deutsche Reformprojekt Synodaler Weg als "weder hilfreich noch seriös" abgekanzelt, wie es in Medienberichten zuerst hieß? Ein Blick auf Wortlaut und Kontext der Äußerung ergibt ein anderes Bild.

Autor/in:
Ludwig Ring-Eifel
Papst Franziskus / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Es war eins der umfangreichsten Interviews in den bisher knapp zehn Jahren von Papst Franziskus. Geführt hatte es die Rom-Korrespondentin der Nachrichtenagentur AP, Nicole Winfield, erst am Dienstagnachmittag.

Länger als eine Stunde sprach sie mit dem Papst auf Spanisch über ein gutes Dutzend unterschiedliche Themen.

Papst Franziskus / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Am Mittwoch dann gab es zunächst einige nachrichtliche Zusammenfassungen in englischer Übersetzung zu einzelnen Themen.

Erst am späten Nachmittag wurde der komplette Wortlaut im spanischen Original bekannt, der viele der Äußerungen in einem anderen Licht erscheinen ließ, zumal dann auch die Frageformulierungen und Zusammenhänge sichtbar wurden. Doch da waren die ersten Meldungen längst geschrieben, von Reaktionen auf Twitter und Co. ganz zu schweigen.

Wie sieht es mit synodaler Mitbestimmung aus?

Was hat Franziskus denn nun wirklich gesagt zu den deutschen Reformbemühungen? Ein zentraler Punkt - er machte etwa ein Viertel des Interviews aus - war die Frage, wie es mit den Plänen zu einer weltweiten Synode der Kirche weitergeht. Dabei ging es auch darum, ob synodale Mitbestimmung nicht auch Risiken mit sich bringt.

Zur Illustration verwies die Journalistin hier auf Deutschland. Die Kritiker der Synodenpläne des Papstes warnten ja immer wieder vor der dortigen Entwicklung. Unter anderem sehe man ja, "dass es dort jetzt sogar den kirchlichen Segen für gleichgeschlechtliche Paare und so weiter gibt" - was so ja nicht stimmt, jedenfalls nicht mit Blick auf die offizielle Linie.

Teilnehmer auf der vierten Synodalversammlung in Frankfurt / © Julia Steinbrecht (KNA)
Teilnehmer auf der vierten Synodalversammlung in Frankfurt / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Weiter fragte Winfield: "Also, wie kann man die Notwendigkeit des Weiterentwickelns, des Zuhörens und des Begleitens versöhnen mit einem Vatikan, der genau das eher bremsen will?"

Die unmittelbare Antwort des Papstes: "Die deutsche Erfahrung hilft nicht, denn das ist keine Synode, kein echter synodaler Weg, es ist ein sogenannter synodaler Weg, aber keiner des Volkes Gottes in seiner Gesamtheit, sondern er wird von Eliten durchgeführt." Durch die Übersetzungen und Verkürzungen war aus dieser Antwort des Papstes aber längst die Behauptung geworden, Franziskus habe gesagt: "Der deutsche Synodale Weg ist weder hilfreich noch seriös."

Papst liest Transkriptionen nicht gegen

Anders als die meisten Politiker und Bischöfe liest der Papst Transkriptionen und Wiedergaben seiner Interviewaussagen nicht gegen, er autorisiert sie auch nicht. Er spricht in der Regel völlig frei und sehr spontan. Die vatikanische Kommunikationsabteilung ist damit nicht befasst. Und so konnte dieses Pauschalurteil sich ohne Korrektur weltweit rasch verbreiten.

Was der Papst über die synodalen Bemühungen der deutschen Katholiken denkt, konkretisierte er in dem Interview einige Minuten später. Da führte er aus: "Der deutsche Synodale Weg hat in den deutschen Bistümern begonnen, wie alle, und mit dem Volk Gottes, und er geht weiter. Da gibt es nun die Gefahr, dass etwas sehr, sehr Ideologisches hineinkommt. Und wenn die Ideologie sich in kirchliche Prozesse einmischt, dann geht der Heilige Geist nach Hause, weil die Ideologie den Heiligen Geist besiegt. Jedenfalls, wenn ich mit ihnen rede, dann sind sie gutwillig, sie sind nicht böswillig. Aber wie seltsam! Sie haben eine Methode, die so sehr die Bemühung um Effizienz über alles stellt."

Papst Franziskus macht das Handzeichen für Okay / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus macht das Handzeichen für Okay / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani ( KNA )

Und am Ende meinte er: "Aber man muss Geduld haben, im Gespräch bleiben und dieses Volk auf seinem wirklichen synodalen Weg begleiten und diesem eher elitengesteuerten Weg helfen, damit er nicht irgendwie böse endet, sondern damit auch er sich in die Kirche eingliedert. Man muss immer versuchen, zu vereinen."

Die Kritik des Papstes an der Entwicklung des Synodalen Wegs war in dem Interview unüberhörbar. Doch war sie deutlich differenzierter und dialogbereiter, als es die Schlagzeile "weder hilfreich noch seriös" suggerierte.

Synodaler Weg

Der Begriff "Synodaler Weg" verweist auf das griechische Wort Synode. Es bedeutet wörtlich "Weggemeinschaft"; im kirchlichen Sprachgebrauch bezeichnet Synode eine Versammlung von Bischöfen oder von Geistlichen und Laien.

Der Reformdialog Synodaler Weg dauerte von Ende 2019 bis Frühjahr 2023. Dabei berieten die deutschen katholischen Bischöfe und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) zusammen mit weiteren Delegierten über die Zukunft kirchlichen Lebens in Deutschland.

Das gelochte Metallkreuz und Teile des Schriftzugs Synodaler Weg  / © Julia Steinbrecht (KNA)
Das gelochte Metallkreuz und Teile des Schriftzugs Synodaler Weg / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA