Vertreter aus Politik, Sport und Kirchen äußern Mitgefühl nach Enke-Tod

Fußball-Deutschland unter Schock

Der Suizid von Fußballnationaltorwart Robert Enke hat tiefe Bestürzung ausgelöst. Am Mittwoch trugen sich Hunderte Fans am Stadion seines Clubs Hannover 96 in ein Kondolenzbuch ein, legten Blumen nieder und steckten Kerzen an. Vertreter aus Politik, Sport und Kirchen äußerten ihr Mitgefühl. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) sagte das für Samstag geplante Länderspiel gegen Chile ab. Der 32-jährige Enke litt weitgehend unbemerkt jahrelang unter schweren Depressionen.

Autor/in:
Haiko Prengel
 (DR)

Seit 2003 war Enke beim Kölner Arzt Valentin Markser in Behandlung. Die Phasen der Depression seien immer mit latenten Selbstmordgedanken einhergegangen, sagte der Therapeut. Das Ausmaß seiner Krankheit habe Enke vor seiner Umgebung verborgen.

Der Profi von Hannover 96 starb am Dienstagabend in Neustadt am Rübenberge bei Hannover, nachdem er von einem Zug erfasst worden war. Die Polizei fand einen Abschiedsbrief. Darin entschuldigte sich Enke laut Markser bei seinen Angehörigen dafür, sie über sein Seelenleben in den vergangenen Tagen getäuscht zu haben, um den Plan zur Selbsttötung zu verwirklichen.

«Ich wollte ihm helfen, das durchzustehen», sagte Enkes Witwe Teresa mit tränenerstickter Stimme auf einer Presskonferenz. Aber ihr Mann wollte sich nicht stationär in einer Klinik behandeln zu lassen. Er habe Angst gehabt, dann seine Adoptivtochter Leila zu verlieren. Eine stationäre Behandlungen habe Enke noch am Tag seines Todes abgelehnt, berichtete Markser. Als sein Therapeut habe er keinen Anlass für eine Zwangseinweisung gesehen.

Der Fußballprofi und seine Ehefrau hatten vor drei Jahren ihre Tochter Lara im Alter von zwei Jahren verloren. Sie starb an einem angeborenen Herzfehler. Im Mai dieses Jahres adoptierten die Enkes ein kleines Mädchen. In den vergangenen Monaten litt der aus Jena in Thüringen stammende Enke an einer Darmerkrankung und hatte deshalb vier Länderspiele verpasst.

Zur Absage des Länderspiels gegen Chile sagte DFB-Präsident Theo Zwanziger in Bonn: «Wir müssen auch einmal innehalten können.» Die Mannschaft brauche Zeit, um alles aufzuarbeiten. Oliver Bierhoff, Manager der Nationalmannschaft, brachte die Ratlosigkeit der Spieler nach dem Suizid zum Ausdruck. «Wir haben Robert Enke immer als sehr gefestigt, als sehr stabil kennengelernt», sagte Bierhoff. Keiner habe vermutet, dass er an Depressionen leidet.

«Wir werden Robert Enke vermissen in Hannover», sagte die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, die am Mittwochabend in der hannoverschen Marktkirche eine Trauerandacht für Enke halten wollte. Dazu wurden unter anderen auch Zwanziger, Bierhoff und Nationalmannschaftskapitän Ballack erwartet. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kondolierte der Witwe. In einem persönlichen Brief habe sie ihr Mitgefühl ausgedrückt, sagte ein Regierungssprecher in Berlin.

Im Anschluss an die Andacht am Mittwochabend war ein Trauermarsch zum Stadion geplant. Dazu wurden nach den Worten des Fanbeauftragten Frank Watermann mehrere tausend Teilnehmer erwartet.

Die hannoversche Landesbischöfin und EKD-Ratsvorsitzende Käßmann hatte sich bereits unmittelbar nach der Todesnachricht vom Dienstagabend erschüttert geäußert. Enke sei ein großer Sympathieträger gewesen: «Uns alle hat gerührt, wie er mit seiner kleinen kranken Tochter und ihrem Tod umgegangen ist.» Käßmann sagte, sie bete für seine Frau und ihr kleines Adoptivkind darum, dass Gott ihnen in dieser schweren Zeit Kraft geben möge.

Auch der ehrenamtliche Sportbeauftragte der EKD und Aufsichtsratsvorsitzende von Hannover 96, Valentin Schmidt, reagierte «völlig fassungslos» auf Enkes Tod. «Der erste Gedanke gilt der Familie, die über den Verlust des Vaters und Ehemanns hinwegkommen muss», sagte er.

Der Psychiater Andreas Spengler äußerte die Besorgnis, dass der Suizid des populären Spielers Nachahmungseffekte auslösen könnte. «Wir müssen depressiven und verzweifelten jungen Männern gerade jetzt nahe sein und suizidale Äußerungen ernst nehmen», sagte der Professor dem epd in Hannover. Der verstorbene Enke sei ein Sympathieträger gewesen. Sein Suizid habe eine hohe öffentliche Resonanz. Dies könne auf bestimmte Menschen suggestiv wirken. Fußballclubs sollten aufmerksam sein und Signale aus ihren Fanclubs nicht ignorieren:
«Darüber zu sprechen, ist besser, als das Problem auszublenden.»