Verleihung des Margot-Friedländer-Preises hallt in Korschenbroich nach

Erinnerungsarbeit gegen das Vergessen

Das Gymnasium und die Realschule Korschenbroich haben 2025 den Margot Friedländer Schulpreis für ihr Engagement gegen Antisemitismus und für die Erinnerung an die Opfer des Holocausts erhalten. Die Verleihung des Preises hallt nach.

Autor/in:
Carsten Döpp
Am 16. September 2025 wurde im Rahmen einer Gala-Veranstaltung im Allianz-Forum am Pariser Platz in Berlin der Margot-Friedländer-Preis 2025 verliehen / © Eva Hermanns (privat)
Am 16. September 2025 wurde im Rahmen einer Gala-Veranstaltung im Allianz-Forum am Pariser Platz in Berlin der Margot-Friedländer-Preis 2025 verliehen / © Eva Hermanns ( privat )

DOMRADIO.DE: Die Verleihung des Preises in Berlin liegt inzwischen schon etwas zurück. Haben Sie und Ihre Schülerinnen und Schüler mittlerweile realisiert, dass sie diesen renommierten Preis tatsächlich erhalten haben?

Eva Hermanns (Lehrerin und Projektleiterin der Geschichtswerkstatt): Tatsächlich hallt das Erlebnis immer noch sehr nach. Es waren ganz besondere Stunden in Berlin. Und ebenso die Zeit davor, als wir uns vorbereitet haben und wussten, dass es bald soweit sein würde und wir tatsächlich ausgewählt worden sind. Das geht einem schon sehr nahe. 

Eva Hermanns

"Wir versuchen, einen etwas anderen Zugang zur Geschichte zu finden, als es im normalen Geschichtsunterricht möglich ist und stellen dabei immer wieder die Frage, was das für uns heute bedeutet?"

DOMRADIO.DE: Schülerinnen und Schüler der Realschule und des Gymnasiums Korschenbroich wurden in Berlin geehrt. Zur Einordnung: Die Auszeichnung für die Realschule betrifft die Geschichtswerkstatt, die Sie vor 17 Jahren gegründet haben. Was genau machen Sie dort? 

Hermanns: Wir arbeiten an verschiedenen Projekten, oft zu Themen wie Antisemitismus, Rassismus, Ausgrenzung, Flucht und Vertreibung und nutzen dabei unterschiedliche Methoden. Es handelt sich um eine freiwillige AG, die nachmittags stattfindet und jahrgangsübergreifend ist. Wir versuchen, einen etwas anderen Zugang zur Geschichte zu finden, als es im normalen Geschichtsunterricht möglich ist und stellen dabei immer wieder die Frage, was das für uns heute bedeutet? 

DOMRADIO.DE: Welche Antworten finden Sie da? 

Hermanns: Zum Beispiel zeigt sich, dass menschliches Verhalten konstant ist, sei es Ausgrenzung auf der einen aber auch Mitmenschlichkeit, Hilfsbereitschaft auf der anderen Seite. Diese Konstanten finden wir immer wieder, egal ob 1912, 1932 oder 2025. 

DOMRADIO.DE: Sie leisten Erinnerungsarbeit gegen das Vergessen. Warum sind die Jugendlichen bei diesem Thema so engagiert dabei? 

Hermanns: Ich glaube, das liegt daran, dass wir immer wieder auf diesen menschlichen Aspekt gucken. Was bringt Menschen dazu, sich ständig neu zu entscheiden? Wir tragen so viel in uns und können wählen, wie wir reagieren. 

Ein Beispiel dafür ist der Sankt-Martins-Zug im Stadtteil Gläden. Da haben wir uns die Geschichte genau angeguckt. Zwei jüdische Mädchen, zehn und zwölf Jahre alt, wollten wie alle anderen Kinder am Zug teilnehmen, Fackeln und Tüten tragen. Doch ihre Lehrerin schickte sie weg. Sie durften nicht mitmachen. Solche Strukturen sind nicht nur historisch verwurzelt, viele Menschen können das aus eigener Erfahrung nachvollziehen.

DOMRADIO.DE: Welche Projekte sind für die Zukunft der Geschichtswerkstatt geplant? Was haben Sie selbst im Blick und welche Ideen bringen die Schülerinnen und Schüler mit? 

Hermanns: Wir überlegen, mit dem Gymnasium in Korschenbroich zu kooperieren. Wir haben ja auch gemeinsam den Margot-Friedländer-Schulpreis erhalten. Für die Zukunft planen wir zwei Veranstaltungen: Am 7. November eine Schulveranstaltung, bei der Schülerinnen und Schüler anderen Schülern den Nationalsozialismus erklären. 

Und am 9. November gibt es abends in Korschenbroich eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit der "Initiative Gegen das Vergessen". Dabei gedenken wir des Pogroms und stellen zugleich Bezüge zur Gegenwart her, etwa zu Ausgrenzung und Rassismus. An diesen Projekten arbeiten wir gerade konkret. 

Das Interview führte Carsten Döpp.

Margot Friedländer

Margot Friedländer wurde am 5. November 1921 als Margot Bendheim in Berlin geboren. Nach ihrer Schulzeit war sie Lehrmädchen in einer Schneiderei. Alle Bemühungen der Familie in die USA auszuwandern, schlugen fehl. Ab 1940 musste Margot Zwangsarbeit leisten. Nach der Trennung der Eltern lebte sie mit ihrer Mutter und dem jüngeren Bruder Ralph zusammen. 1943 planten sie die Flucht, doch Ralph wurde von der Gestapo verhaftet. Daraufhin stellte sich die Mutter der Gestapo und wurde zusammen mit ihrem Sohn nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Margot Friedländer / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Margot Friedländer / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )
Quelle:
DR

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