Verfassungsgerichtsvize: Mehr Mittel für Kampf gegen Hass

Egal ob in analoger oder digitaler Welt

Verfassungsgericht-Vizepräsident Stephan Harbarth fordert von der Politik mehr Stellen für Gerichte und Staatsanwaltschaften, um den Anstieg von Hasskriminalität im Internet zu bewältigen.

Symbolbild Hass im Internet / © Asiandelight (shutterstock)
Symbolbild Hass im Internet / © Asiandelight ( shutterstock )

"Das Maß an sprachlicher Verrohung und sprachlicher Entgrenzung, das wir nicht nur, aber vor allem in den Sozialen Netzwerken beobachten, ist erschreckend", sagte der Verfassungsrichter der "Augsburger Allgemeinen" (Montag). "Wenn der Rechtsstaat angesichts der Vielzahl von Fällen resignieren würde, würde er letztlich kapitulieren", warnte Harbarth. "Umso wichtiger ist eine angemessene personelle Ausstattung unserer Justiz", betonte er.

Internet kein rechtsfreier Raum

Zwar sei nicht jeder von Hass oder Häme erfüllte Beitrag ein Fall für die Strafjustiz. "Sind die Grenzen zur Beleidigung aber überschritten, darf es keinen Unterschied machen, ob die Äußerung aus der analogen oder aus der digitalen Welt stammt", erklärte der Verfassungsrichter. "Das Internet ist kein rechtsfreier Raum", betonte Harbarth. "Meinungsfreiheit wird nicht schrankenlos gewährleistet, sie findet ihre Grenze am Persönlichkeitsrecht Dritter", fügte er hinzu.

Menschen werden sich nicht mehr engagieren

"Wenn ein Staat es nicht schafft, Bürgermeister, Gemeinderäte oder andere ehrenamtlich engagierte Bürgerinnen und Bürger vor Beleidigungen und Bedrohungen zu schützen, dann werden sich diese Menschen irgendwann nicht mehr engagieren", betonte er. Ohne dieses Engagement könne ein Staat nicht funktionieren.

Harbarth begrüßte Schritte wie den Gesetzentwurf gegen Hasskriminalität oder das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, mit denen der Gesetzgeber versuche, Schranken und rechtliche Leitplanken im Internet einzuziehen. "Allerdings entwickeln sich die Kommunikation im Internet und die Sozialen Netzwerke ungeheuer dynamisch", sagte der Verfassungsrichter. "Das Ziel muss eine angemessene Balance zwischen Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrechten sein."

Autoritäre Systeme auf dem Vormarsch

Der freiheitlich-demokratische Rechtsstaat in Deutschland befinde sich insgesamt in einem guten Zustand, sagte Harbarth. "Trotzdem nehmen die Angriffe auf unser System zu, das ist Teil einer globalen Entwicklung", er. "Autoritäre Systeme erfahren wieder einen größeren Zuspruch als noch vor einigen Jahren, und auch Deutschland ist nicht frei von diesen Entwicklungen", fügte Harbarth hinzu. "Deshalb ist jede Generation aufgefordert, Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit neu zu verteidigen. Sie sind nicht selbstverständlich."

 


Quelle:
KNA