Religionsvertreter rufen zum Kampf gegen Hass auf

"Die brutalen Konsequenzen des rechtsextremen Gifts"

Vertreter der Kirchen und anderer Religionsgemeinschaften haben erschüttert und fassungslos auf die Gewalttat von Hanau reagiert. Zugleich forderten sie einen entschiedeneren Kampf gegen Hass und Rassismus.

Autor/in:
Norbert Demuth und Gottfried Bohl
Trauernde halten bei einer Mahnwache nach eigenen Angaben Fotos der Opfer in Hanau / © Boris Roessler (dpa)
Trauernde halten bei einer Mahnwache nach eigenen Angaben Fotos der Opfer in Hanau / © Boris Roessler ( dpa )

Der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, kritisierte "eine Tendenz zu einem ausgrenzenden und aggressiven Nationalismus und Rassismus", der aus christlicher Perspektive durch nichts zu rechtfertigen sei.

Immer wieder gebe es "hasserfüllte und menschenverachtende Taten, bei denen sich ein rechtsextremistischer Hintergrund herausstellt". Daher müsse man gemeinsam einstehen gegen Gewalt und Terror. Das fange bereits im Kleinen an, etwa "im Widerspruch gegen rechtspopulistische und gewalttätige Äußerungen im Netz und auch im direkten Gegenüber mit Menschen, die christliche Werte von Nächstenliebe und Solidarität für ihre Zwecke missbrauchen."

"Auf dem rechten Auge eine Sehschwäche"

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, erklärte, wenn sich bewahrheite, was bisher bekannt geworden sei, "dann ist diese Gewalttat ein trauriger Beleg für die brutalen Konsequenzen des Gifts, das rechtspopulistische und rechtsextreme Kreise zu streuen versuchen". Wer Rassismus und Ausländerfeindlichkeit säe, müsse auch damit rechnen, dass daraus brutale Gewalt erwächst.

Der Fuldaer katholische Bischof Michael Gerber, zu dessen Bistum Hanau gehört, sprach von einer tiefen Zäsur und bat alle Gemeinden, für Opfer und Angehörige zu beten.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, kritisierte, "zu lange ist die Gefahr durch den wachsenden Rechtsextremismus verharmlost und vernachlässigt worden". Polizei und Justiz schienen zudem häufig "auf dem rechten Auge eine Sehschwäche zu haben. Das rächt sich jetzt."

"Extrem besorgt"

Der Jüdische Weltkongress (WJC) äußerte sich "extrem besorgt über die zunehmende Bedrohung von Minderheiten in Deutschland von beiden Seiten der politischen Landschaft". Die Ereignisse in Hanau seien "nur zwei weitere Beispiele für die rechtsextreme Gewalt gegen jüdische Bürger, Einwanderer und alle Menschen, die möglicherweise nicht zu einer langjährigen und bizarren rassistischen Sichtweise einiger deutscher Bürger passen", erklärte WJC-Präsident Ronald Lauder.

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) rief Muslime zu erhöhter Wachsamkeit auf. Sie sollten "eigene Schutzmaßnahmen" für sich, ihre Familien, ihre Gotteshäuser und Einrichtungen ergreifen, erklärte der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek. Er forderte die Innenbehörden und Innenminister der Bundesländer auf, "unsere Gotteshäuser sichtbar und qualitativ zu schützen".

Der Koordinationsrat der Muslime (KRM) sprach von einem "schwarzen Tag". Die Tatorte und ein Bekennerschreiben zeigten, "dass der Terror eine bestimmte Zielgruppe hatte, nämlich Migranten, insbesondere Muslime". Der kurdische Dachverband in Deutschland KON-MED äußerte sich "wütend", weil die politischen Verantwortlichen sich rechten Netzwerken und Rechtsterrorismus nicht entschieden entgegenstellten.


Quelle:
KNA