Verfahrens-Auftakt gegen argentinischen Bischof Zanchetta

Prozess mit großer Fallhöhe

In Argentinien beginnt an diesem Montag der Prozess gegen Bischof Gustavo Zanchetta, dem sexuelles Fehlverhalten vorgeworfen wird. Auch im Vatikan wird man genau hinschauen, denn die Personalie sorgte von Anfang an für Unruhe.

Autor/in:
Tobias Käufer
Papst Franziskus und Gustavo Zanchetta / © Vatican Media (KNA)
Papst Franziskus und Gustavo Zanchetta / © Vatican Media ( KNA )

"Heute beginnt in Oran der Prozess gegen Gustavo Zanchetta, der als erster Bischof des Landes wegen sexuellen Fehlverhaltens auf der Anklagebank sitzen wird." So kündigt die argentinische Lokalzeitung "El Tribuno" das mit Spannung erwartete Verfahren am Montag an.

Ernennung Zanchettas von Beginn an umstritten

Es ist die Titelstory im Online-Bereich der Zeitung, die in einem sechsminütigen Video noch einmal eine Zusammenfassung der Vorwürfe und Geschehnisse bringt. Darin wird auch die Fallhöhe des Angeklagten deutlich; denn es geht um einen Bischof aus dem Heimatland von Papst Franziskus - der selbst als Erzbischof von Buenos Aires bis März 2013 eine zentrale Figur der Kirche in Argentinien war und später, als Papst, Zanchetta zum Bischof von Oran in der Provinz Salta ernannte. Zanchettas Berufung wurde während der ersten Auslandsreise von Franziskus zum Weltjugendtag in Rio de Janeiro 2013 mitgeteilt. Er galt als persönlicher Freund des Papstes.

Medien: Internationaler Haftbefehl gegen Zanchetta / © Antonio Nardelli (shutterstock)
Medien: Internationaler Haftbefehl gegen Zanchetta / © Antonio Nardelli ( shutterstock )

Die Personalie sorgte von Anfang an für Unruhe. Eine Petition ehemaliger Mitarbeiter Zanchettas aus Quilmes auf "change.org" forderte damals den Papst auf, die Personalie noch einmal zu überdenken. Zanchettas ehemalige Mitarbeiter warfen ihm schlechte Amtsführung vor. Zudem gibt es Vorwürfe sexuellen Fehlverhaltens gegenüber Seminaristen. Auch soll der Bischof versucht haben, mutmaßliche Zeugen gegen ihn einzuschüchtern.

Erste Klage in 2016 eingereicht

Das alles aufzuklären, wird nun die Aufgabe der drei Richter: Maria Laura Toledo Zamora, Raul Fernando Lopez und Hector Fabian Hoyos, die die Verhandlung in Saal 2 des Gerichts in der nordargentinischen Stadt Oran leiten werden. Sie entschieden, dass der Prozess hinter verschlossenen Türen stattfindet, also ohne Medienvertreter.

Nach Angaben von "El Tribuno" reichten bereits 2016 fünf Priester eine formelle Klage gegen ihren damaligen Vorgesetzten bei der päpstlichen Nuntiatur ein. In dieser Beschwerde wurden Zanchetta, der Ende des Monats 58 Jahre alt wird, Autoritarismus, Misswirtschaft mit kirchlichem Eigentum sowie sexuelle Nötigung im Priesterseminar "Heiliger Johannes XXIII." vorgeworfen.

Von diesen Anschuldigungen soll - so heißt es aus dem Vatikan - Papst Franziskus nichts gewusst haben. Der Bischof selbst wies die Vorwürfe bislang stets zurück. Neben der eigentlichen Klärung der Vorwürfe gegen Zanchetta gibt es also noch eine zweite Ebene: die Klärung der genauen zeitlichen Abläufe und der Frage, wer wann über die Vorwürfe informiert wurde.

Kirche Lateinamerikas in Zahlen

Lateinamerika heißt auch der "katholische Kontinent". Mehr als 537 Millionen und damit über 40 Prozent aller getauften Katholiken leben in dieser Weltregion, die maßgeblich durch vier Jahrhunderte spanischer und portugiesischer Kolonialgeschichte geprägt ist. Rund 86 Prozent der Menschen in Lateinamerika sind laut statistischen Angaben des Vatikan katholisch.

 (DR)

Neuer Anwalt kurz vor Prozessbeginn

Wenige Tage vor Prozessbeginn hat Zanchetta mit dem erfahrenen Anwalt und Priester Manuel Jesus Arroba Conde einen neuen Juristen mit seiner Verteidigung beauftragt. Er gilt als Experte in Kirchenrecht. Zuvor war laut "Infovaticano" der Priester Javier Belda für die Aufgabe vorgesehen gewesen. Gegen ihn gebe es allerdings Vorwürfe wegen Dokumentenfälschung und Zweifel über die erforderliche Qualifikation zur Ausübung des Anwaltsrechts.

Der Vatikan hat laut "El Tribuno" von der Justiz angeforderte Dokumente eingereicht. Sie sollen den argentinischen Ermittlern einen Einblick in die Zeit geben, in der Zanchetta Bischof von Oran war (2013-2017). Insgesamt sollen bis Freitag wohl rund 20 Zeugen angehört werden, die zu den Vorwürfen aussagen sollen.

Vorwurf der Veruntreuung öffentlicher Gelder

Gegen Zanchetta wird auch wegen des Vorwurfs der Veruntreuung öffentlicher Gelder ermittelt; es geht um Zuweisungen der Provinzregierung Salta für die Restaurierung eines Pfarrhauses sowie eine Vortragsreihe im örtlichen Priesterseminar. Beides habe aber nie stattgefunden, heißt es.

Nach seinem Rücktritt als Bischof von Oran im Sommer 2017 - offiziell aus gesundheitlichen Gründen - wurde Zanchetta als Berater bei der vatikanischen Vermögensverwaltung APSA nach Rom berufen. Nach einer vorübergehenden Suspendierung 2019 kehrte er 2020 auf diesen Posten zurück. Inzwischen hat er die Stelle aber laut Medienberichten wieder geräumt.

Quelle:
DR