Verbände kritisieren geplante Änderungen im Aufenthaltsrecht

"Ein zwiespältiger Gesetzesentwurf"

Die Regelungen zur Inhaftierung und zu Aufenthaltsverboten von Flüchtlingen, die der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthält, seien unverhältnismäßig und überzogen, erklärten Wohlfahrtsverbände und die Flüchtlingsorganisation "Pro Asyl".

Asylsuchende Familie (dpa)
Asylsuchende Familie / ( dpa )

Der Geschäftsführer von "Pro Asyl", Günter Burkhardt, kritisierte, auch mit diesem Entwurf, der zwischenzeitlich geändert wurde, drohe praktisch allen Flüchtlingen, die nach der Dublin-Regel in einem anderen EU-Land ihr Asylverfahren durchlaufen müssten, Inhaftierung.

"Aus unserer Sicht ist es unverhältnismäßig, die Flüchtlinge zu inhaftieren. Vor allem wenn man den Hintergrund berücksichtigt, dass es sich um traumatisierte Flüchtlinge handelt, die in ihren Herkunftsländern inhaftiert wurden und dort Folter erlebt haben. Für sie würde eine erneute Inhaftierung wiederum eine traumatisierende Wirkung haben," betonte Diakonie-Flüchtlingsreferent Sebastian Ludwig im domradio.de-Interview.

Zwiespältiger Gesetzesentwurf

Das Bundesinnenministerium hatte nach scharfer Kritik dem Vorwurf widersprochen, man wolle massenhaft Flüchtlinge in Haft nehmen. Burkhardt sagte, selbst wenn dies nicht geplant sei, "das Instrument liegt bereit." Die Gesetzesänderung sieht zudem Aufenthaltsverbote für Ausländer vor, die innerhalb der von der Behörde gesetzten Frist nicht ausgereist sind. Solch ein Verbot verhindere gleichzeitig ein dauerhaftes Bleiberecht, das mit dem Gesetz versprochen wurde, betonte Ludwig.

Das Bleiberecht soll Geduldeten zugute kommen, die per Gesetz eigentlich zur Ausreise verpflichtet sind, aber nicht abgeschoben werden können. Viele von ihnen leben seit vielen Jahren mit dem unsicheren Status in Deutschland. Ludwig sagte, sie könnten tatsächlich profitieren. Für künftig ankommende Flüchtlinge laufe die Regel aber ins Leere, wenn gleichzeitig Aufenthaltsverbote erteilt würden, die das Bleiberecht verhindern. Die Entscheidung über ein dauerhaftes Bleiberecht hänge dann vom Ermessen des Mitarbeiters in der Ausländerbehörde ab.

Verfehlte Integration?

Wolfgang Barth von der Arbeiterwohlfahrt sagte, man könne nicht immer wieder Rechtstreue von Ausländern in Deutschland fordern, "wenn auf Regierungsseite ein Hintertürchen nach dem anderen aufgemacht wird." Gemeinsam mit dem Paritätischen kritisiert die Arbeiterwohlfahrt, es sei die Chance verpasst worden, Verbesserungen auf den Weg zu bringen. Sie verwiesen auf die Forderung nach Integrationskursen für Flüchtlinge und Geduldete sowie nach einer Abschaffung des umstrittenen Sprachnachweises beim Ehegattennachzug.

Die Grünen im Bundestag schlossen sich der Kritik der Verbände an. "Dieser Gesetzentwurf ist eine vergiftete Praline", sagte der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Volker Beck. Die Möglichkeit zur Inhaftierung von Flüchtlingen sei europarechtlich äußerst problematisch.

Beratung des Bundestages

Der Bundesrat hatte zahlreiche Ergänzungen bei der geplanten Reform gefordert. So sprach sich die Länderkammer bei der Abschiebehaft für die Möglichkeiten der Haftvermeidung, etwa durch Kautionen, und eine Verkürzung der Höchstdauer der Haft von 18 auf 6 Monate aus. In der Stellungnahme der Bundesregierung heißt es indes, dass die vom Bundesrat vorgeschlagenen Instrumente zur Haftvermeidung und die Prüfung milderer Mittel bereits im geltenden Recht verankert seien.

An diesem Freitag berät erstmals der Bundestag über das Gesetz aus dem Bundesinnenministerium. Es soll einerseits seit langem in Deutschland lebenden Geduldeten die Chance auf einen sicheren Aufenthaltstitel geben. Andererseits soll das Ausweisungs- und Abschieberecht reformiert werden, um Ausländer ohne Bleiberecht besser abschieben zu können.


Quelle:
epd , KNA , DR