In Venezuela wächst der Druck auf oppositionelle Medien

Krieg um die Bildschirme

Dass Venezuelas Regierungschef Hugo Chavez die Medien nicht als Orte objektiver Berichterstattung versteht, ist schon lange bekannt. So rückte er im Staatsfernsehen 2008 Bundeskanzlerin Angela Merkel in die Nähe von Adolf Hitler. Nun nimmt sich Chavez oppositionelle Medien vor.

Autor/in:
Tobias Käufer
 (DR)

Die Quittung kam mit Säumniszuschlag und Zinseszins: Der regierungskritische TV-Sender "Globovision" muss für die Berichterstattung einer Protestkampagne der Opposition in Venezuela teuer bezahlen. Die Steuerbehörde SENIAT verteilte einen saftigen Strafzettel an den Oppositionskanal: Die Staatsbeamten bewerteten einige Sendungen aus zurückliegenden Jahren nicht als politische Berichterstattung, sondern als Werbesendungen für die Kritiker von Staats- und Regierungschef Hugo Chavez.

Im Umkehrschluss bedeutet dies: Für Werbesendungen müsse "Globovision" ein stattliches Salär kassiert haben; demnach seien Steuernachzahlungen für Werbeeinnahmen inklusive Zinsen fällig. Umgerechnet knapp zwei Millionen Euro verlangt der Staat von einem der wenigen übrig gebliebenen Sender, die nicht vom sozialistischen Regierungsapparat kontrolliert und reglementiert werden. Eine Strafe, die dem Sender wirtschaftlich das Kreuz brechen könnte, befürchten Experten.

Die staatlichen TV-Sender müssen sich solche Sorgen nicht machen. Dort kann Hugo Chavez nach Belieben über Sendeminuten verfügen. Zuletzt peilte der fernsehverliebte Staatspräsident die Aufstellung einer neuen Rekordmarke: einen viertägigen TV-Marathon zum zehnjährigen Bestehen seiner eigenen TV-Show "Alo, Presidente" (Hallo Präsident). Zwei Tage lang hielt der Selfmade-Moderator bei seinem Marathon-Versuch durch; danach verhinderten technische Probleme die Ausstrahlung weiterer Folgen, hieß es aus der Sendezentrale.

Immer wieder politische Schlagzeilen mit TV-Programm
Mit seinem oft stundenlangem Programm sorgt Chavez immer wieder für politische Schlagzeilen. Das fast ausnahmslos rot gekleidete Publikum aus Chavez-Anhängern an immer wieder wechselnden Sendeorten dient dabei als applaudierende Staffage. Bundeskanzlerin Angela Merkel rückte der ehemalige Oberst im vergangenen Jahr in die Nähe von Adolf Hitler. Und während eines politischen Konflikts mit Kolumbien befahl Chavez seinem Verteidigungsminister live die Verlegung von Truppeneinheiten an die Grenzen des Nachbarstaates. Lieblingsgegner des präsidialen Moderators war aber der frühere US-Präsident George Bush. Die legendären Schimpftiraden in Richtung Washington gipfelten in dem Ausspruch: "Sie sind ein Esel, Mr. Bush."

Der Streit zwischen "Globovision" und Regierung schwelt schon seit Wochen. Ausgerechnet in einer seiner mittlerweile mehr als 330 Folgen von "Alo, Presidente" hatte Chavez dem Sender das drohende Ungemach bereits angedeutet: "Sie spielen mit dem Feuer, indem sie manipulieren und jeden Tag zum Hass aufstacheln. Das kann so nicht weitergehen." Der Präsident hatte sich über die Berichterstattung von einem Erdbeben in der Hauptstadt geärgert. Noch vor dem staatlichen Fernsehen hatte "Globovision" über die Auswirkungen der Erschütterungen berichtet.

Vor wenigen Tagen eskalierte nun auch erneut der Streit zwischen Kirche und Regierung. Die venezolanischen Bischöfe hatten ihren Besuch bei Papst Benedikt XVI. in Rom zu einem Rundumschlag genutzt und das von Chavez forcierte Projekt eines "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" als Gefahr für die Demokratie und Sicherheit im Land kritisiert. Die Antwort von Innenminister Tarek El Aissami ließ nicht lange auf sich warten: Venezuelas Bischöfe seien längst zu einer politischen Partei geworden, die Hass verbreite und Zwietracht säe, so Aissami im staatlichen Fernsehen.

Das Vorgehen der Steuerbehörden gegen regierungskritische Medien ist in Venezuela kein Einzelfall: Auch der einzigen katholischen Zeitung des Landes "Diario Catolico" wurde im vergangenen Jahr eine kräftige Steuernachzahlung auferlegt. Der Vizepräsident der Bischofskonferenz, Erzbischof Roberto Lückert Leon, schimpfte damals, es sei "nicht die Aufgabe der Steuerbehörde, "Medien zu schließen oder sie zu korrigieren". Und vor zwei Jahren hatte Chavez dem regierungskritischen TV-Kanal RCTV trotz starker öffentlicher Proteste die Lizenz entzogen. Auf dem freien Sendeplatz wurde ein neues venezolanisches Staatsprogramm installiert; RCTV sendet nur noch im Internet.