DOMRADIO.DE: Was genau verbindet die Päpste mit dem Mond?
Ulrich Nersinger (Vatikanexperte und Autor): Eine ganze Menge! Der Vatikan ist schon seit dem 16. Jahrhundert astronomisch aktiv. Die Päpste haben sich immer sehr für den Himmel interessiert – und insbesondere für den Mond. Als die erste Mondlandung stattfand, war das auch im Vatikan ein riesiges Ereignis.
DOMRADIO.DE: Wie hat Papst Paul VI. die erste Mondlandung vor 56 Jahren, verfolgt?
Nersinger: Er hat die Nacht in Castel Gandolfo verbracht, in unmittelbarer Nähe zur Sternwarte. Er wollte genau wissen, wo die Landung stattfindet, welche Route die Astronauten fliegen – er war sehr gut informiert und zur Landung hat er dann eine Ansprache gehalten, die Astronauten beglückwünscht und die Bedeutung dieses Ereignisses betont.
Als die eigentliche Landung bevorstand, wurde er von den päpstlichen Astronomen gerufen, um sie am Fernseher live mitzuverfolgen. Auch in Rom hat das große Wellen geschlagen – der amerikanische Kurienkardinal John Joseph Wright zum Beispiel hat seiner gesamten Belegschaft der Kleruskongregation am nächsten Tag freigegeben und eine Messe für die Astronauten gefeiert.
DOMRADIO.DE: Stimmt es, dass sogar eine Vatikan-Fahne auf dem Mond war?
Nersinger: Ja, das stimmt! 1969 war Frank Borman, der Kommandant von Apollo 8, in Rom. Er hat im Vatikan und vor der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften Vorträge gehalten – auch vor dem Kardinalskollegium. Am Ende seines Besuchs überreichte ihm der Papst eine kleine Vatikan-Fahne. Diese wurde später von Eugene Cernan, dem Kommandanten von Apollo 17 – also der letzten Mondmission – mit auf den Mond genommen. Nach seiner Rückkehr schenkte er dem Papst diese Fahne zusammen mit einem Stück Mondgestein. Beides ist heute prominent in den Vatikanischen Museen ausgestellt – ein Symbol der engen Verbindung zwischen Vatikan und Weltraumforschung.
DOMRADIO.DE: Das ist ja nicht ganz ohne – immerhin ist jedes Gramm, das auf den Mond gebracht wird, mit hohen Kosten verbunden. Wie eng ist die Zusammenarbeit des Vatikans mit der NASA?
Nersinger: Die Zusammenarbeit ist sehr eng – und das bis heute. Besonders spannend: Bei der Mars-Expedition war der Vatikan direkt involviert. Der NASA-Roboter wurde mithilfe eines Meteoriten aus der vatikanischen Sammlung justiert. Und schon im 19. Jahrhundert haben vatikanische Astronomen Beobachtungen angestellt, die später bestätigt wurden – etwa die Vermutung, dass es auf dem Mond und dem Mars Wasser geben könnte. Damals wurde das belächelt – heute wissen wir, dass es gefrorenes Wasser auf dem Mond gibt.
1993 wurde die vatikanische Sternwarte wegen der Lichtverschmutzung endgültig nach Arizona verlegt – in Kooperation mit amerikanischen Jesuiten und der NASA. Diese enge Verbindung besteht bis heute. Übrigens wurden auch einige Himmelskörper und Landschaften auf Mond und Mars nach vatikanischen Astronomen benannt.
DOMRADIO.DE: Es waren also nicht nur amerikanische Astronauten auf dem Mond, sondern auch schon einige im Vatikan.
Nersinger: Richtig. Die Kommandanten von Apollo 8 und Apollo 17 waren da, aber auch viele andere Astronauten haben den Vatikan und die Sternwarte in Castel Gandolfo besucht. Das Telefonat von Papst Leo XIV. mit Buzz Aldrin zeigt, dass das Interesse an der Raumfahrt im Vatikan auch nach all den Jahren nicht nachgelassen hat.
Das Interview führte Bernd Hamer.