DOMRADIO.DE: Das Blumenwappen besteht neben dem Wappenschild in der Regel aus einer Papstkrone und zwei Schlüsseln. Was symbolisieren Krone und Schlüssel?

Ulrich Nersinger (Journalist und Vatikanexperte): Die dreifache Papstkrone, die Tiara, und die gekreuzten Schlüssel Petri sind die Symbole des Petrusamtes, des Papstamtes.
DOMRADIO.DE: Papst Leo hat sein eigenes Wappen, wie das so üblich ist bei den Päpsten. Was ist bei ihm charakteristisch?
Nersinger: Das Wappen ist diagonal geteilt. Im oberen Teil sehen wir eine Lilie auf blauem Feld. Im unteren Teil sehen wir dann ein Buch mit einem Herzen darauf, das von einem Pfeil durchbohrt ist.

Der obere Teil deutet auf die Mutter Gottes hin, denn die Lilie gilt als Symbol für Maria. Und die Farbe Blau ist die Farbe des Himmels, aber auch die Farbe der Mutter Gottes. Der untere Teil weist auf die Ordenszugehörigkeit des Papstes hin, auf den Augustinerorden. Das erinnert so an einen Spruch aus den "Confessiones", also aus den Bekenntnissen des heiligen Augustinus: "Du hast mein Herz mit deinem Wort durchbohrt."
DOMRADIO.DE: Was bedeutet das nun, was wir jetzt bei Leos Wappen sehen? Was ist die Intention?
Nersinger: Er will zwei Dinge deutlich zeigen: Seine Nähe, seine Verehrung zur Mutter Gottes und dann natürlich auch seine Herkunft, also aus welchem Orden er kommt, aus welchem religiösen Umfeld – dem Augustinerorden.

DOMRADIO.DE: Am Hang zwischen dem Gouverneurspalast und der Apsis des Petersdoms ist nun das Wappen Papst Leos XIV. als Blumenwappen dargestellt. Seit wann gibt es diese päpstlichen Blumenwappen?
Nersinger: Das erste Mal gab es das im 19. Jahrhundert. Papst Gregor XVI. (1831-1846) hat vor der Pinakothek des Vatikans einen Blumenteppich mit seinem Wappen anlegen lassen. Das haben dann auch seine Nachfolger gemacht.
Und als der Vatikanstaat 1929 entstand, hat man entschieden, dass man dieses Blumenwappen vor den Gouverneurspalast verlegte, um die Souveränität des Vatikanstaates zu zeigen, aber auch um den Gläubigen ein touristisches Highlight zu bieten, denn man kann dieses Wappen eigentlich erst so richtig erfassen, wenn man sich oben auf der Kuppel von St. Peter befindet.
DOMRADIO.DE: Jeder Papst hat ein anderes und eigenes Wappen. Entscheidet er immer alleine, wie das aussieht, oder hat da noch jemand etwas zu sagen?
Nersinger: Er wird vermutlich Heraldiker, also Fachleute der Wappenkunde, befragen, was möglich ist und was nicht. Bis in die 1960er-Jahre gab es im Vatikan die sogenannte heraldische Kommission, die dies regelte. Sie ist jedoch abgeschafft worden. Aber ich denke, jeder Papst wird sich mit Heraldikern beraten, was sinnvoll ist und was eher nicht zu machen ist.
DOMRADIO.DE: Zwei Wochen sollen die Arbeiten gedauert haben, um das neue Blumenwappen von Papst Leo XIV. fertigzustellen. Was sagen Sie zu dem Wappen?
Nersinger: Vielleicht kennt der eine oder andere ja die Pater-Brown-Filme mit Heinz Rühmann. Und Pater Brown sagte immer, wenn ihm was nicht ganz besonders gefiel, das sei "hübsch hässlich".
Also ich finde es nicht besonders gelungen, die Farben stimmen nicht, der Blauton passt nicht. Unten ist das Buch und das Herz teilweise mit Metall verarbeitet worden, das sieht auch nicht besonders gut aus.
Ich denke, man muss aber die Gärtner ein bisschen in Schutz nehmen. Die haben ja nur zwei Wochen Zeit gehabt und ich hoffe, dass sich das dann doch mit der Zeit verändert und man das Wappen nachbessert.
DOMRADIO.DE: Das heißt, es gefällt Ihnen nicht, aber es ist nicht fehlerhaft?
Nersinger: Es ist eigentlich nicht fehlerhaft, aber es ist nicht so gemacht, wie man das eigentlich von den früheren Wappen gewohnt war.
Das Interview führte Carsten Döpp.