Vatikan will Darwins Theorien neu diskutieren

Evolution

150 Jahre nach der Veröffentlichung von Charles Darwins Hauptwerk "Die Entstehung der Arten" will der Vatikan die Evolutionstheorie neu diskutieren. Die für März geplante Expertentagung solle helfen, Vorurteile und Arroganz auf beiden Seiten abzubauen, sagte der Präsident des Päpstlichen Kulturrats, Erzbischof Gianfranco Ravasi, bei der Vorstellung der Konferenz am Montag im Vatikan. Der Vatikan habe Darwin nie verurteilt; sein Buch stehe nicht auf dem Index. Allerdings gebe es auch kritische Fragen von Seiten des katholischen Lehramts.

 (DR)

150 Jahre nach der Veröffentlichung von Charles Darwins Hauptwerk "Die Entstehung der Arten" will der Vatikan die Evolutionstheorie neu diskutieren. Die für März geplante Expertentagung solle helfen, Vorurteile und Arroganz auf beiden Seiten abzubauen, sagte der Präsident des Päpstlichen Kulturrats, Erzbischof Gianfranco Ravasi, bei der Vorstellung der Konferenz am Montag im Vatikan. Der Vatikan habe Darwin nie verurteilt; sein Buch stehe nicht auf dem Index. Allerdings gebe es auch kritische Fragen von Seiten des katholischen Lehramts.

Der Päpstliche Kulturrat hat die Schirmherrschaft über die Tagung, bei der 36 europäische und US-amerikanische Wissenschaftler referieren. Organisiert wird sie gemeinsam von der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom und der Notre Dame University in Indiana/USA.

Die Konferenz vom 3. bis 7. März 2009 ist Teil des 2003 ins Leben gerufenen Projekts «STOQ» für den interdisziplinären Austausch zwischen Naturwissenschaft, Theologie und Philosophie. Zwischen Naturwissenschaft und Theologie gebe es keine Chinesische Mauer und keinen Eisernen Vorhang, sagte Ravasi. Aus Sicht des Vatikan sei die Evolutionstheorie grundsätzlich mit der Bibel und der kirchlichen Lehre vereinbar. Sowohl Papst Pius XII. mit seiner Enzyklika «Humani generis» (1950) wie auch Johannes Paul II. mit seiner Rede vor der vatikanischen Akademie der Wissenschaften 1996 hätten die Stichhaltigkeit von Darwins Theorie ausdrücklich anerkannt.

Johannes Paul II. (1978-2005) hatte den wachsenden Konsens der Wissenschaftler hervorgehoben, aber zugleich weltanschauliche Deutungen mit materialistischer Stoßrichtung zurückgewiesen. Diese Frage falle in die Zuständigkeit der Philosophie und darüber hinaus der Theologie, so der Papst.

Ravasi erklärte, für die Kirche gelte es, die «Hybris einer bestimmten Theologie der Vergangenheit» zu überwinden. Bisweilen habe die Absicht der Glaubensverteidigung die Haltung gegenüber naturwissenschaftlichen Thesen dominiert. Hier verlangte der Kurienchef einen «Akt der Demut» im Blick auf die Grenzen des eigenen Fachs. Naturwissenschaftler ihrerseits dürften den Glauben nicht als «intellektuelle Altsteinzeit» ansehen. Naturwissenschaft und Religion stünden nicht in Gegensatz zueinander, sondern müssten sich ergänzen.

Ravasi betonte, das Thema liege auch Papst Benedikt XVI. am Herzen. Unter anderem hatte sich im Herbst 2006 das traditionelle Treffen des Schülerkreises von Joseph Ratzinger mit der Kontroverse um Evolutionslehre und Schöpfungsglauben befasst. Bei dem nichtöffentlichen Seminar in Castelgandolfo ließ sich der Papst von rund 45 Theologen, Philosophen und Naturwissenschaftlern über neueste Entwicklungen in der evolutionsbiologischen Forschung informieren.