Der Europarat warnt vor einer "Ausbreitung an Europas Schulen"

Kreationismus-Debatte erreicht die EU

Der Europarat ist besorgt über die Ausbreitung kreationistischen Gedankenguts in europäischen Schulen. Die Leugnung der Evolutionstheorie sei im Bildungswesen immer häufiger zu beobachten, erklärte die Parlamentarierversammlung des Straßburger Gremiums nun in einer Resolution. Kreationistische Konzepte sollten nur im Religionsunterricht, nicht aber in anderen Fächern besprochen werden.

 (DR)

Christdemokraten stimmen gegen Resolution
Es gehe nicht darum, einen bestimmten Glauben oder seine Anhänger anzugreifen, betonte die zuständige Berichterstatterin des Europarats, die Liberale Anne Brasseur aus Luxemburg. Eine Glaubensrichtung dürfe jedoch nicht als Wissenschaft deklariert werden. Brasseur hatte den Berichtsentwurf entschärft, nachdem er im Juni auf Druck der Christdemokraten abgesetzt worden war. Auch diesmal stimmte eine Reihe von Konservativen gegen die Resolution.

Der deutsche Abgeordnete Axel Fischer (CDU) sagte, es sei falsch, willkürlich Theorien zu verbieten oder zu diskreditieren. Dies sei ein gravierender Eingriff in Bildungs- und Wissenschaftsinhalte. "Eine Auseinandersetzung mit den Schwächen im Sinn einer Aufklärung wäre nützlicher", betonte er. Auch die im Bericht enthaltene Warnung, dass der Kreationismus die Menschenrechte bedrohe, sei nicht stichhaltig.

Bericht: Kreationistische Tendenzen
Die Berichterstatterin stellte in zahlreichen europäischen Ländern kreationistische Tendenzen fest. Bildungspolitiker in Italien, Polen, den Niederlanden und anderen Staaten hätten Verständnis für solche Lehren erkennen lassen, erläuterte Brasseur. Auch auf einige Initiativen in Deutschland ging sie ein.

Dort hatte sich die hessische Kultusministerin Karin Wolff (CDU) mehrfach dafür ausgesprochen, die biblische Schöpfungslehre auch im Biologieunterricht zu behandeln. Sie hatte jedoch zugleich davor gewarnt, den Text wörtlich zu nehmen. Auch Vertreter der beiden großen Kirchen hatten Wolffs Vorstoß unterstützt.

Stichwort: Kreationismus
Der Begriff Kreationismus bezeichnet den Glauben an den biblischen Schöpfungsmythos. Vor allem evangelikale und fundamentalistische Glaubensgemeinschaften interpretieren die Schöpfungsgeschichte der Bibel wörtlich und lehnen die von Charles Darwin (1809-1882) entwickelte Evolutionstheorie ab.

Ihr Hauptargument: Die verschiedenen Lebewesen seien so komplex, dass sie alleine mit der Evolutionstheorie nicht erklärbar seien. Seinen Ursprung hat der Kreationismus in den USA.