Vatikan warnt Westen vor Protektionismus - Zollitsch kritisiert Banker

"So wird Entwicklungspolitik unglaubwürdig"

Die Spitzen der katholischen Kirche haben sich erneut kritisch zur aktuellen Finanzkrise geäußert. Der Vatikan warnt vor einem neuen Protektionismus der Industriestaaten. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, wirft Bankern und Anlegern ein "teilweise bedingungsloses Streben nach immer höheren Renditen" vor.

 (DR)

«Diese offensichtliche Gier nach immer mehr Geld ist zu einer allgemeinen Erscheinung geworden. Das waren nicht nur Banker, auch Anleger bis hin zu Stadtkämmerern; alle haben nur noch gedacht: Ich muss möglichst viel davon mitnehmen», sagte der Erzbischof von Freiburg der «Westdeutschen Allgemeinen Zeitung».

Zollitsch betonte, dass es sich bei der Finanzkrise zugleich um eine «moralische Krise» handele. Im Zuge der Finanzkrise sei viel Vertrauen verloren gegangen. «Und wenn kein Vertrauen da ist, dann ist das Ausdruck auch einer moralischen Krise.»

Das Verlangen nach immer höheren Gewinnen habe für die Gesellschaft weit reichende Folgen. Sie führe zu Rücksichtslosigkeit, Egoismus und zu einem Mangel an Solidarität. «Wer nur auf das Geld sieht, der vergisst die Gerechtigkeit. Der vergisst auch, dass Kapital sozialpflichtig ist», mahnte der Erzbischof.

Vatikan fordert Reform des internationalen Finanzsystems
Der Vatikan hat eine grundlegende Neugestaltung des internationalen Finanzsystems gefordert. Die derzeitige Finanzkrise sei vor allem eine Vertrauenskrise, betonte der Päpstliche Rat für Gerechtigkeit und Frieden nach Angaben von Radio Vatikan vom Montag. Regierungen und Privatwirtschaft seien aufgefordert, «dauerhafte und gemeinschaftliche Lösungen» zu suchen.

Der Päpstliche Rat warnte in diesem Zusammenhang vor einem neuen Protektionismus der Industriestaaten gegenüber Einfuhren aus Entwicklungsländern. Diese machten Entwicklungspolitik unglaubwürdig. Entscheidend seien mehr Transparenz und verstärkte Kontrolle der Märkte.

Papst Benedikt XVI. hatte sich bereits im vergangenen Monat besorgt über die Auswirkungen der Finanzkrise geäußert. «Am Zusammenbruch großer Banken sehen wir, dass das Geld verschwindet, nichts ist», hatte er bei der Weltbischofssynode im Vatikan gesagt. «Nur das Wort Gottes ist eine solide Wirklichkeit». Auch der Vatikanstaat verfügt neben Immobilienbesitz über internationale Aktienpakete.