Wie Ecuador um seine Wirtschaft bangt

Im Sog der Finanzkrise

Für viele Menschen im Westen ist Ecuador ein Traum-Urlaubsziel. Doch in Zeiten der globalen Wirtschaftskrise wollen und können die sich die Reise immer seltener leisten. Und die Krise trifft nicht nur den Fremdenverkehr des Landes. Besonders schmerzhaft ist der massiv gefallene Erdölpreis.

Autor/in:
Jan Dirk Herbermann
 (DR)

In der Altstadt von Quito fügen sich Kirchen, Paläste und Plätze in 2.800 Metern Höhe zu einem einzigartigen Ensemble zusammen. Doch immer weniger Touristen planen, Ecuadors Hauptstadt in den Anden zu entdecken. "Schon jetzt melden unsere Hotels einen Rückgang der Buchungen für 2009 um ein Fünftel", sagt Maria de Lourdes Robalino vom Tourismusverband. Reisemanager befürchten auch ein Sinken der Besucherzahlen bei anderen Attraktionen Ecuadors wie den Galapagos-Inseln. Der Grund: Die globale Finanz- und Wirtschaftskrise zwingt die Menschen in reichen Ländern zum Sparen. Teure Trips kommen da schnell auf die Streichliste.

Doch die Krise trifft nicht nur den Fremdenverkehr Ecuadors. Der Abschwung zieht die gesamte Volkswirtschaft nach unten: Mehr als ein Drittel der 14 Millionen Ecuadorianer leben bereits unter der Armutsgrenze. "Ja, die Krise wird uns hart treffen", meint der stellvertretende Minister für Außenhandel, Eduardo Egas Peña.

Massiv gefallener Erdölpreis
Besonders schmerzhaft ist der massiv gefallene Erdölpreis. Ecuador erzielt einen Großteil seiner Exporterlöse von insgesamt rund 14 Milliarden US-Dollar mit der Ausfuhr des schwarzen Rohstoffes. Der niedrige Erdölpreis schmälert jetzt die Staatseinnahmen massiv. "Öffentliche Sozialprogramme und Infrastrukturprojekte sind da gefährdet", betont ein Regierungsbeamter.

Auch die Privatindustrie beobachtet sorgenvoll das Taumeln der Weltfinanzmärkte: Die Agrarbetriebe verkaufen einen großen Teil ihrer Produktion jenseits der Grenzen. Beispiel Bananen: Ecuador hat sich zum weltgrößten Produzenten der geben Frucht entwickelt. "Wir führen pro Jahr Bananen im Wert von 1,2 Milliarden Dollar aus", bilanziert Ricardo Estrada, Präsident der Exporteurvereinigung Corpei. In Krisenzeiten sinkt der Verbrauch in Europa. Beispiel Kakao: Ecuador muss weltweit schmelzende Kakaopreise hinnehmen. Innerhalb eines Monat sank der Preis für eine Tonne des aromatischen Stoffes um fast 800 Dollar.

"Vor allem die Amerikaner kaufen weniger"
Beispiel Blumen: Die internationale Nachfrage nach Rosen aus Ecuador zeigt seit Wochen nach unten. "Vor allem die Amerikaner kaufen weniger", sagt Diego Naranjo, Manager der Firma Nevado Ecuador. Noch mehr Bauchschmerzen bereitet aber der russische Markt: Dorthin exportiert Nevado fast 40 Prozent der edlen Gewächse, ein starker Einbruch der Nachfrage in Moskau und St. Petersburg hätte dramatische Konsequenzen für die Plantage. Nevado ist mit 600 Beschäftigten der größte Arbeitgeber in der ärmlichen Region um Santa Lucia, rund 110 Kilometer südlich von Quito. "Auch viele Zulieferbetriebe hängen von uns ab", sagt Naranjo.

Selbst auf die Überweisungen der Auswanderer kann sich das Land kaum noch verlassen. Die Zahlungen der ecuadorianischen Gastarbeiter, die in Europa oder Nordamerika ihr Geld verdienen, bilden traditionell einen wichtigen Einnahmeblock für ihre Familien. Im nächsten Jahr könnten nach Befürchtungen der Regierung die Geldanweisungen aus Übersee in die Heimat um fast ein Drittel schrumpfen.