Vatikan spricht von "angemessener Lösung" - Benedikt richtet beim Angelus-Gebet den Blick auf "Taufe des Herrn"

Papst äußert sich nicht zum Fall Wielgus

Papst Benedikt XVI. ist am Sonntag beim Angelus mit keinem Wort auf den Rücktritt des Warschauer Erzbischofs Stanislaw Wielgus eingegangen. Auch in seinen polnischen Grußworten sprach der Papst lediglich über das an diesem Tag begangene Fest "Taufe des Herrn" und rief die Pilger auf, für das in der Taufe empfangene Geschenk der Rechtfertigung zu danken. - Der Vatikan hat unterdessen den Rücktritt Wielgus' als "angemessene Lösung" begrüßt.

 (DR)

"Alle Getauften sind zur Heiligkeit berufen"
Alle Getauften sind zur Heiligkeit berufen. Daran hat Papst Benedikt XVI. beim sonntäglichen Angelus erinnert. In der Taufe falle uns die Aufgabe zu, auf Jesus zu hören und seinen Willen zu befolgen. Der Papst grüßte die rund 50.000 Pilger auf dem Petersplatz in sechs Sprachen.

Auf deutsch sagte er: "Mit einem frohen Gruß heiße ich die Pilger und Besucher aus dem deutschen Sprachraum willkommen. Mit dem Fest der Taufe Jesu endet heute die Weihnachtszeit. Der Vater im Himmel bezeugt Jesus Christus als seinen geliebten Sohn. Ihm gehören wir durch die Taufe an. Der Heilige Geist, der uns zu Söhnen und Töchtern Gottes macht, helfe uns, in Liebe und Treue unsere Berufung als getaufte Christen zu leben. Der Herr segne euch alle!"

Kurz vor dem geplanten Einführungsgottesdienst von Wielgus am Sonntagvormittag war dessen Rücktritt bekannt gegeben worden. Der 67-jährige Geistliche, den Benedikt XVI. erst am 6. Dezember zum neuen Erzbischof der polnischen Hauptstadt ernannt hatte, war wegen seiner Kooperation mit dem Geheimdienst während der kommunistischen Ära in die Kritik geraten. Nach einer am Sonntag vom Vatikan veröffentlichten Entscheidung des Papstes übernimmt der Vorgänger von Wielgus, Primas Kardinal Jozef Glemp (77), die Amtsgeschäfte bis auf weiteres wieder.

Vatikan spricht von "angemessener Lösung"
Der Vatikan hat den Rücktritt Wielgus' als "angemessene Lösung" begrüßt. Das Ansehen von Wielgus sei durch sein Verhalten während der kommunistischen Ära in Polen stark beschädigt worden, sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi am Sonntag in Radio Vatikan. Trotz seiner Vergebungsbitte seien der Verzicht auf den Bischofsstuhl und die Annahme des Rücktritts durch Papst Benedikt XVI. "angemessen", um auf die Verwirrung in der polnischen Kirche zu reagieren.

Lombardi sprach von einem "Moment des großen Leids" für die katholische Kirche Polens. Er hoffe, dass die Diskussion nun bald zur Sachlichkeit zurückkehre. Zugleich stellte der Vatikan-Sprecher fest, der Fall Wielgus sei "nicht der erste und wahrscheinlich nicht der letzte", in dem Kirchenmitarbeiter auf Grundlage der Geheimdienstunterlagen des früheren Regimes angeklagt würden. Man dürfe jedoch nicht vergessen, dass diese Dokumente von "Funktionären eines diktatorischen und erpresserischen Regimes" angefertigt worden seien.

"Sonderbare Allianz" von Kirchengegnern
Der Druck auf die Kirche in Polen zeige "Anzeichen einer sonderbaren Allianz zwischen früheren Verfolgern und anderen Gegnern", sagte Lombardi. Dabei gehe es um eine Rache jener, die vom Glauben und dem Freiheitswillen des polnischen Volkes besiegt worden seien. Es fehle im Land die große und unangreifbare Persönlichkeit von Papst Johannes Paul II., so der Jesuit. Die katholische Kirche habe jedoch keine Angst vor der Wahrheit. Ihre Mitglieder müssten, "um ihrem Herrn treu zu sein, die eigene Schuld anerkennen".