Vatikan lehnt Verbot von orthodoxer Kirche in Ukraine ab

"Kollektivstrafen sind unangebracht"

Im Vorgehen gegen ihre drohende Zwangsauflösung bekommt die Ukrainische Orthodoxe Kirche Unterstützung aus dem Vatikan. Religiöse Organisationen sollten nicht kollektiv bestraft werden, heißt es. Die UOK nahm dies positiv auf.

Heilige Wasserweihe in orthodoxer Kirche / © guruXOX (shutterstock)
Heilige Wasserweihe in orthodoxer Kirche / © guruXOX ( shutterstock )

In Kiew läuft gerade ein Gerichtsverfahren zur Zwangsauflösung der Leitungsorgane der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK). Grund sind mutmaßliche Verbindungen nach Moskau. 

Dazu äußerte sich jetzt indirekt der Vatikan. Kurienkardinal Claudio Gugerotti bezeichnete in einem Gespräch mit dem zuständigen ukrainischen Behördenchef "Kollektivstrafen" gegen Religionsgemeinschaften als unangebracht. Das berichtete der ukrainische Staatsdienst für Ethnopolitik und Gewissensfreiheit am Mittwoch nach einer Begegnung seines Leiters Viktor Jelenskyj mit Gugerotti, dem Chef der Vatikanbehörde für die katholischen Ostkirchen, in Rom.

Kardinal Claudio Gugerotti bei der Rosenkranzandacht am 1. März 2024 / © Alessia Giuliani (KNA)
Kardinal Claudio Gugerotti bei der Rosenkranzandacht am 1. März 2024 / © Alessia Giuliani ( KNA )

Der Kardinal habe sich für eine gerechte Bestrafung von Geistlichen und anderen Personen ausgesprochen, die gegen die Gesetze des Staates verstießen oder mit den Besatzern zusammengearbeitet hätten, heißt es auf der Website der Behörde, die für Religionsgemeinschaften zuständig ist. Gugerotti halte es jedoch nicht für möglich, religiöse Organisationen kollektiv zu bestrafen. Die UOK nahm dies positiv auf und zitierte die Aussage des Vatikanvertreters auf ihrer Website.

Beziehungen nach Russland sind verboten

In der Ukraine sind seit mehr als einem Jahr allen Glaubensgemeinschaften Beziehungen nach Russland per Gesetz untersagt. Dies wird mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine begründet. Auf der Grundlage des "Gesetzes über den Schutz der verfassungsmäßigen Ordnung im Tätigkeitsbereich religiöser Organisationen" gehen die Behörden hart gegen die UOK vor.

Wladimir Putin und Patriarch Kyrill I. / © Aleksander Kazakov (dpa)
Wladimir Putin und Patriarch Kyrill I. / © Aleksander Kazakov ( dpa )

Die Kirche gehörte traditionell zum orthodoxen Moskauer Patriarchat und sagte sich erst Ende Mai 2022, drei Monate nach der Invasion der russischen Armee, los. Die Behörde beschuldigt die UOK jedoch, nicht vollständig mit Moskau gebrochen zu haben, obwohl der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. den Angriffskrieg unterstützt. 40 Geistliche, darunter auch Bischöfe, wurden nach Angaben des Inlandsgeheimdienstes seit 2022 bereits zu Haftstrafen verurteilt. Insgesamt seien bisher 208 Strafverfahren wegen "antiukrainischer Aktivitäten" und anderer Straftaten gegen Vertreter der UOK eingeleitet worden.

Prozess vor dem Verwaltungsgericht

Vor einem Verwaltungsgericht führt Jelenskyjs Behörde gerade einen Prozess, um der Kiewer Metropolie der UOK jede Tätigkeit verbieten zu lassen. Das wäre ein schwerer Schlag für die Kirche und könnte zu einer landesweiten Verbotswelle gegen sie führen. Die klagende Behörde versicherte jedoch, alle Pfarreien könnten im Fall der Auflösung der Metropolie als unabhängige Kirchengemeinden fortbestehen. Auch die Religionsausübung sei weiter garantiert.

Mehr als 60 Prozent der ukrainischen Bevölkerung bekennen sich zum orthodoxen Christentum. Sie gehören allerdings zwei verschiedenen Kirchen an: der Ukrainischen Orthodoxen Kirche oder der dezidiert nationalen Orthodoxen Kirche der Ukraine.

Christliche Kirchen in der Ukraine

Die kirchlichen Verhältnisse in der Ukraine sind komplex. Rund 70 Prozent der 45 Millionen Ukrainer bekennen sich zum orthodoxen Christentum. Sie gehören allerdings zwei verschiedenen Kirchen an: der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK) des Moskauer Patriarchats und der autokephalen (eigenständigen) Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU). Zudem gibt es eine römisch-katholische Minderheit mit rund einer Million Mitgliedern sowie die mit Rom verbundene (unierte) griechisch-katholische Kirche der Ukraine.

Das Heilige Feuer aus Jerusalem am 18. April 2020 im Kiewer Höhlenkloster Petscherska Lawra, Hauptsitz der ukrainisch-orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats. / © Sergey Korovayny (KNA)
Das Heilige Feuer aus Jerusalem am 18. April 2020 im Kiewer Höhlenkloster Petscherska Lawra, Hauptsitz der ukrainisch-orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats. / © Sergey Korovayny ( KNA )
Quelle:
KNA