USA-Experte zur Todesstrafe in den USA

Tote zum Vorwahlkampf?

In den USA soll auf Bundesebene wieder die Todesstrafe vollstreckt werden. Die katholischen Bischöfe in den USA stellen sich ganz klar gegen diese Entscheidung. Doch wie viel Wirkung hat das bei der Regierung?

USA wollen auf Bundesebene wieder Todesstrafe vollstrecken  / © Eric Risberg (dpa)
USA wollen auf Bundesebene wieder Todesstrafe vollstrecken / © Eric Risberg ( dpa )

DOMRADIO.DE: Die, die hingerichtet werden sollen, seien Mörder, Vergewaltiger und Kriminelle, die ihre Opfer gefoltert haben sollen. So die Meldungen aus den USA. Gleiches mit Gleichem vergelten – so könnte man das auch sehen. Was meinen Sie?

Klaus Prömpers (Ehemaliger ZDF-Korrespondent und USA-Experte): Ich glaube, das ist etwas zu kurz gegriffen. Insgesamt betrachten das auch die Bischöfe in den USA anders. Bischof Frank Dewane, der Vorsitzende der Kommission der heimischen Justiz und für menschliche Entwicklung der US-Bischofskonferenz, hat sich unmittelbar nach der Ankündigung, zutiefst besorgt gezeigt. Er forderte die Regierung Trump auf, die Entscheidung noch einmal zu überdenken. Dewane bezog sich dabei auch auf den Aufruf von Papst Franziskus aus dem Jahr 2015, in dem wie in zahllosen Aufrufen seiner Vorgänger die weltweite Abschaffung der Todesstrafe gefordert wurde.

DOMRADIO.DE: Immer wieder betont der Papst, dass die Todesstrafe auf der ganzen Welt abgeschafft werden müsse – jetzt stimmen da die katholischen Stimmen in den USA ein, oder?

Prömpers: Sie tun das mehrfach. Erstens haben die katholischen Bischöfe in den USA bereits 2005 in einem Schreiben, das "Zur Kultur des Lebens und der Todesstrafe" heißt, eindeutig festgehalten, dass sie die Todesstrafe für nicht mehr adäquat halten. Und im August des Vorjahres hat Papst Franziskus das nun in den Katechismus eingeführt.

Die amerikanischen Bischöfe haben das auch umgesetzt. Bischof Dewane hat seine Unterschrift jetzt auch noch unter eine nationale katholische Kampagne gesetzt, die das endgültige Ende der Todesstrafe in den USA fordert. Denn in 21 Staaten ist sie immer noch möglich – in 29 ist sie mittlerweile abgeschafft.

DOMRADIO.DE: Wie schätzen Sie es ein: Wie viel Einfluss hat die katholische Kirche bei diesem Thema in den USA?

Prömpers: Sie wird schon einen gewissen Einfluss haben. Ein Teil der katholischen Kirche spricht sich da sehr prononciert so aus wie Papst Franziskus. Allerdings muss man auch bedenken, dass beispielsweise Justizminister Barr selber ein praktizierender Katholik ist. Vizepräsident Pence ist praktizierender Protestant. Beide sind aber der Auffassung, die Todesstrafe sei sinnvoll und machbar.

Ich befürchte, dass sich die Kirche im Moment nicht durchsetzen kann. Denn das Thema ist Teil von Trumps Vorwahlkampf gegen die Demokraten. Der Vorwahlkampfes geht im Januar richtig los, er wirft aber jetzt schon seinen Schatten. Deswegen finden die ersten Tötungen nicht zufällig im Dezember und Januar statt.

DOMRADIO.DE: Während Barack Obama die Todesstrafe in den USA ausgesetzt hatte, ist Donald Trump überzeugter Anhänger von ihr. Ist das nun ein großer Rückschritt durch die aktuelle Entscheidung?

Prömpers: Es ist kein ganz großer Rückschritt, weil es nicht um eine Einführung der Exekutionen in den gesamten 50 Bundesstaaten der USA geht. Es geht nur um Fälle, in denen die Bundesrichter Menschen bereits zum Tode verurteilt haben. Das sind 62 Personen von insgesamt 2700 zum Tode Verurteilten in den USA.

DOMRADIO.DE: Durch DNA-Tests wurden inzwischen einige Kriminalfälle neu aufgerollt. Und es wurde bekannt, dass hunderte Urteile falsch gefällt wurden. Sollte das nicht ein Grund für die Abschaffung der Todesstrafe sein?

Prömpers: Auf jeden Fall ist das ein wesentlicher Grund, der zu Festellung geführt hat, dass in der Vergangenheit häufig falsch geurteilt worden ist. Ein weiterer Punkt ist, dass man bei der Anzahl der Getöteten schnell auf die Idee kommt, dass wesentlich mehr schwarze Amerikaner verurteilt werden als weiße.

Die DNA-Tests gehören sicherlich zu den wesentlichen Argumenten, die dagegen sprechen, dass man jemanden zum Tode verurteilt. Häufig stehen hinter diesen Dingen Indizien, die unter Umständen auch falsch gewesen sind, erpresst oder erzwungen worden sein könnten. Insbesondere bei solchen Menschen, die nicht im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte sind, die im strengen juristischen Sinne wahrscheinlich gar nicht voll schuldfähig sind. Diese Menschen dürften erst recht nicht ums Leben gebracht werden.

Das Interview führte Katharina Geiger.


Klaus Prömpers (privat)
Klaus Prömpers / ( privat )
Quelle:
DR