US-Präsident Joe Biden wird 80 Jahre alt

Der zweite Katholik im Weißen Haus

Joe Biden feiert an diesem Sonntag als erster US-Präsident seinen 80. Geburtstag im Weißen Haus. Der zweite Katholik im höchsten Staatsamt blickt auf ein von Schicksalsschlägen geprägtes Leben zurück. Der Glaube half ihm.

Autor/in:
Bernd Tenhage
Joe Biden / © Michael Brochstein (dpa)
Joe Biden / © Michael Brochstein ( dpa )

Eine große Party ist bisher nicht geplant. Das Weiße Haus wartet erst einmal die Auszählung der Zwischenwahlen zum Kongress ab. Bei Verlust der Mehrheit der Demokraten im Repräsentantenhaus und vielleicht auch im Senat wäre das Timing für eine Feier zum 80. Geburtstag von US-Präsident Joe Biden am 20. November unpassend - und politisch unklug. Das runde Alter böte seinen Gegnern einen willkommenen Anlass, um ihm in diesen unberechenbaren Zeiten den Ruhestand nahezulegen.

Doch das bleibt Spekulation. Immerhin schnitten die regierenden Demokraten nach aktuellem Stand besser ab als befürchtet. Und Biden hat in seinen 80 Lebensjahren schon schlimmere Rückschläge erlitten.

Da war der Tod seiner ersten Frau Neilia und der einjährigen Tochter Naomi bei einem Autounfall kurz vor Weihnachten 1971. Dann sein eigenes Ringen mit einem Aneurysma, mehrere gescheiterte Anläufe ins Weiße Haus und schließlich der frühe Tod seines Sohnes Beau, der 2015 einem Gehirntumor erlag.

Praktizierender Katholik

Biden hat sich von alldem nicht unterkriegen lassen. Die Kraft dafür schöpfte der praktizierende Katholik nach eigenem Zeugnis aus seinem Glauben, ohne den er nie im Weißen Haus angekommen wäre. In seiner Rede in der Wahlnacht am 7. November 2020 sprach der Sieger aus dem Herzen: "In den letzten Tagen des Wahlkampfs dachte ich oft über ein Kirchenlied nach, das meiner Familie und mir, insbesondere meinem verstorbenen Sohn Beau, viel bedeutet hat." Dann zitierte der frisch gewählte Präsident aus dem Lied "On Eagle's Wings", das Gott als Beschützer beschreibt. Dasselbe Lied sang der damalige Stellvertreter Barack Obamas während der Austeilung der Kommunion bei der Beisetzung Beaus.

Joe Biden / © Evan Vucci (dpa)
Joe Biden / © Evan Vucci ( dpa )

Das war vor dem Besuch von Papst Franziskus in den USA 2015, den Joe Biden, Sohn irischer Einwanderer aus Scranton im US-Bundesstaat Pennsylvania, während seines Aufenthalts begleitet hatte. In Philadelphia lud Franziskus die Familie vor seiner Rückreise am Flughafen zu einer Privataudienz ein. Es muss eine bewegende Begegnung gewesen sein, von der Biden später dem Mitternacht-Talker Stephen Colbert erzählte. Der Papst habe mit ihm über Beau gesprochen, Familienwerte, Vergebung und Anstand. "Ich bin ein großer Bewunderer seiner Heiligkeit."

Biden und der Papst haben sich häufiger getroffen

Die beiden Männer begegneten sich seitdem immer wieder. Biden reiste 2016 als US-Vizepräsident zu einer Konferenz im Vatikan über regenerative Medizin. Fünf Jahre später, im Oktober 2021, empfing Franziskus zum ersten Mal seit mehr als einem halben Jahrhundert wieder einen katholischen US-Präsidenten im Vatikan. Der letzte war John F. Kennedy. Kurioserweise fand der Besuch unter umgekehrten Vorzeichen statt. Während Kennedy den Verdacht zerstreuen musste, zu viel Nähe zur Kirche zu haben, trauten die US-Bischöfe dem Kind ihrer Kirche nicht über den Weg.

Joe Biden und Papst Franziskus / © Romano Siciliani (KNA)
Joe Biden und Papst Franziskus / © Romano Siciliani ( KNA )

Der Papst setzte mit der Audienz auf dem Höhepunkt des Streits um die Eucharistie-Würdigkeit Bidens und anderer katholischer Politiker wegen ihrer liberalen Haltung zur Abtreibung ein Zeichen. Er mahnte die Biden-Skeptiker in der Bischofskonferenz, theologischen Dogmatismus nicht über ihre pastorale Aufgabe zu stellen. Auf die Kontroverse nach der Begegnung mit dem Papst angesprochen, sagte der Präsident, das Thema Abtreibung sei nicht zur Sprache gekommen.

Franziskus habe gesagt, "er sei froh, dass ich ein guter Katholik bin und weiter die Kommunion empfange".

Der kleine "Joey" sog den Katholizismus in Scranton im Rostgürtel Amerikas mit der Muttermilch auf. Bei den Schwestern des Heiligen St. Josef lernte der Arbeiterjunge den Rosenkranz beten. Eine Praxis, die er bis heute beibehalten hat. Stets trägt er eine Gebetskette bei sich.

Dass Biden aus dem Glauben lebt, bezeugt der Jesuit Leo O'Donovan, der früher Präsident der renommierten Georgetown University war, und als enger Freund Bidens die Ansprache bei dessen Amtseinführung auf den Stufen des Kapitols hielt. Der heute 88 Jahre alte Priester leitete seinerzeit auch die Totenmesse für Beau. Seine Predigt begann mit den Worten, "Joe, es tut mir so leid". Dann brach er in Tränen aus. O'Donovan hat oft erzählt, wie ihn Biden dann tröstete. "Er war in diesem Moment mein Pastor."

Argwohn aus Reihen seiner Kirche

Es ist dieser gelebte Glaube, der den US-Präsidenten nach mehreren Zeugnissen von Menschen auszeichnet, die ihn kennen. Biden hält keine frommen Vorträge, macht keine Politik mit seiner Religion. Für den oft von Schicksalsschlägen heimgesuchten Mann ist der Glaube eine wichtige persönliche Inspirationsquelle.

Joe Biden / © NumenaStudios (shutterstock)

Dennoch bekommt er einigen Argwohn aus den Reihen seiner Kirche zu spüren. Konservative Kräfte attackieren ihn unentwegt. Den ersten Schuss hatte Jayd Henricks abgefeuert, der bis 2017 für die US-Bischofskonferenz die politische Lobby-Arbeit in Washington leitete. In einem Beitrag für das katholische Magazin "First Things" forderte er die Bischöfe auf, Biden die Kommunion zu verweigern, "um ihm klare Führung zu geben". Der damals frisch vom Papst in den Kardinalsstand berufene Erzbischof von Washington, Wilton Gregory, erteilte dieser Forderung eine Absage.

Doch bis heute gibt es in der Bischofskonferenz nicht wenige, die das anders sehen. Traditionalisten werfen dem Staatsoberhaupt vor, nicht katholisch genug zu sein. Das wirkt bisweilen widersprüchlich: Biden geht fast jeden Sonntag zur Messe, zitiert aus der Bibel und nimmt Bezug auf Franziskus. Jenseits der Gegensätze in Sachen Abtreibung besteht eine beachtliche Schnittmenge zu den Positionen des Papstes - zum Beispiel bei der Einwanderungsfrage und beim Klimawandel.

Für ihn habe der Glaube vor allem mit Hoffnung zu tun, sagte Biden einmal in einer Botschaft an katholische Wähler. Daran dürfte sich der 46. Präsident an seinem runden Geburtstag sicherlich erinnern.

Quelle:
KNA