US-Bischöfe besorgt über Obamas Kurs bei Abtreibung

Keine Chance für "Freedom of Choice"?

Die katholischen Bischöfe der USA zeigen sich besorgt über mögliche Kursänderungen der künftigen Regierung von Präsident Barack Obama in ethischen Fragen. In einer gemeinsamen Erklärung warnen sie vor dementsprechenden Gesetzesänderungen - bieten dem neuen Kongress aber auch verstärkte Zusammenarbeit an.

 (DR)

In der Erklärung zum Abschluss der Herbstvollversammlung in Baltimore vom Mittwoch heißt es, man dürfe den Ausgang der Präsidentschaftswahlen nicht als ein «Referendum über das Thema Abtreibung» interpretieren. Gesetze im Sinne eines Rechts auf Abtreibung würden das Land weiter spalten. Die Bischofskonferenz reagiert damit auf Ankündigungen aus dem Obama-Team, der künftige Präsident plane eine Rücknahme zahlreicher Maßnahmen der scheidenden Regierung Bush.



Eine Kernaussage der Bischofserklärung, die unter der Federführung des Konferenzvorsitzenden Kardinal Francis George entstand, ist die Absage an den sogenannten Freedom of Choice Act - einen Gesetzentwurf, der die Regelungen einzelner Bundesstaaten zur rechtlichen Beschränkung von Schwangerschaftsabbrüchen aushebeln soll. Er gilt als eine gesetzliche Rückversicherung, falls das Oberste US-Gericht das landesweite Grundsatzurteil zur Legalisierung von Abtreibungen aus dem Jahr 1973 kassieren sollte. Obama hatte im Wahlkampf geäußert, er würde als Präsident den «Freedom of Choice Act» unterzeichnen.

Die Bischöfe würdigen die historische Dimension der Wahl Obamas zum ersten schwarzen US-Präsidenten. Zugleich bieten sie der künftigen Regierung und dem neuen Kongress ihre Zusammenarbeit an. Das gelte besonders für die Bereiche wirtschaftliche Gerechtigkeit, Reform des Einwanderungsrechts, Gesundheitsfürsorge für die Armen, Bildung, Religionsfreiheit und Friedensarbeit.

Obama will auch Politik zu Stammzellen ändern
Wie in den vergangenen Tagen bekannt wurde, hat Obama bereits vor Monaten als Senator ein 50 Mitglieder starkes Beraterteam beauftragt, kontroverse Verordnungen der Bush-Regierung aufzulisten, die sich ohne größeren Aufwand rückgängig machen lassen. Rund 200 Gesetzesinitiativen und Verordnungen soll die Liste umfassen und so brisante Themen wie den Klimaschutz, die Energieversorgung sowie eben ethische Fragen im Blick haben.

Obamas Berater sollen in diesen Tagen mit liberalen Lobbygruppen, demokratischen Abgeordneten und Behördenchefs darüber beraten, welche Richtungsentscheidungen zuerst korrigiert werden sollen. Bis zur Amtsübergabe am 20. Januar könnte die Liste durchaus noch länger werden. Denn umgekehrt versucht derzeit die Bush-Mannschaft, sich durch eine Lawine von Last-Minute-Entscheidungen ein politisches Denkmal zu setzen.

Trotz aller überparteilichen Versöhnungsrhetorik scheint der künftige Präsident fest entschlossen, zuletzt einflussreiche Gruppierungen wie etwa die religiöse Rechte nun außen vor zu lassen. Vor allem die Evangelikalen konnten sich unter Bush eines Weißen Hauses sicher sein, das sich beharrlich für den Lebensschutz einsetzte. So hatte Bush, ein sogenannter wiedergeborener Christ, jeden Gesetzentwurf, der eine staatliche Förderung der Forschung an embryonalen Stammzellen erlaubt hätte, per Veto blockiert. Und das, obwohl in beiden Häusern des Kongresses große Mehrheiten dafür gestimmt hatten. Sein Argument: Er wolle verhindern, dass «Steuerzahler die mutwillige Zerstörung menschlicher Embryos unterstützen».

Keine Frage des Parteibuches
In der Vergangenheit hatten sich nicht nur Demokraten dafür eingesetzt, die staatliche Förderung der Embryonenforschung zu verstärken. Auch viele Parteigenossen Bushs, darunter etwa die ehemalige First Lady Nancy Reagan, Witwe des unter Republikanern hoch verehrten Präsidenten Ronald Reagan (1981-1989), waren dafür. Reagan starb 2004 an den Folgen der Alzheimer-Krankheit - also wie Parkinson eines der Leiden, für das sich Mediziner Hilfe durch Stammzelltherapien versprechen.

Da der Kongress die derzeit gültigen Einschränkungen nie als Gesetz abgesegnet hat, könnte sie Obama mit einem Federstrich rückgängig machen. Medienberichten zufolge haben Gegner der Stammzell- und Abtreibungspolitik Bushs bereits entsprechende präsidiale Verfügungen vorformuliert; Obama müsse sie, sobald im Amt, nur noch unterzeichnen.

Vorbild Bush?
Würde Obama am Tag eins gleich zum Streichkonzert anheben, würde er wiederholen, was sein Vorgänger Bush vormachte. Denn auch der hatte im Januar 2001 schon an seinem ersten vollen Arbeitstag im Oval Office eine Verfügung in Kraft gesetzt, wonach keine Steuergelder zur Unterstützung von internationalen Familienplanungs-Organisationen verwandt werden dürfen, die Abtreibungen durchführen. Das hatte zwar bereits Präsident Reagan angeordnet, doch dessen Verfügung hatte dann - ebenfalls gleich zu Beginn seiner Amtszeit - der demokratische Nachfolger Bill Clinton wieder aufgehoben.

Bush nutzte dann seine erste größere Ansprache im August 2001 dazu, die Verwendung von Bundesmitteln für die Forschung an embryonalen Stammzellen zu stoppen. Wissenschaftler und Befürworter haben seitdem vergeblich versucht, den Präsidenten umzustimmen. Zweimal legte Bush sein Veto gegen Gesetzentwürfe des Kongresses ein, die das Verbot aufgehoben hätten. Nun, mit Obama also, geht es wieder einmal zurück zu neuen Ufern.