​Uruguay hofft auf Freigabe der Vatikan-Akten zur Militärdiktatur

​Ein Schritt in Richtung Aufarbeitung

Uruguays Präsident reist am Freitag mit einem besonderen Anliegen zum Papst: Wie im Fall von Argentinien sollen auch die Vatikan-Akten zur Militärdiktatur in Uruguay freigegeben werden. Das Land erhofft sich Aufklärung.

Autor/in:
Tobias Käufer
Uruguays Präsident Tabare Vazquez / © Wu Hong (dpa)
Uruguays Präsident Tabare Vazquez / © Wu Hong ( dpa )

Wenn Uruguays Präsident Tabare Vazquez (76) am Freitag zum Treffen mit Papst Franziskus in den Vatikan reist, hat der Sozialist aus Montevideo einen ganz besonderen Wunsch an das Kirchenoberhaupt im Gepäck: Er werde Franziskus um die Freigabe der Kirchen-Dokumente aus der Zeit der Militärdiktatur bitten, sagte Vazquez während seiner Europareise am Montag in der spanischen Hauptstadt Madrid.

Damit könnte der Linksregierung ein weiterer Schritt bei der Aufarbeitung einer dunklen Epoche in der Geschichte des südamerikanischen Landes gelingen. Bereits im vergangenen Jahr hatte Vazquez eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit ans Licht bringen und aufklären soll. Die katholische Kirche in Uruguay steht hinter dieser Aufklärungsarbeit.

Nur wenige Verantwortliche wurden verurteilt

Während der Militärdiktatur (1973-1985) wurden in Uruguay Tausende Menschen verfolgt, festgenommen und gefoltert. Die Militärs gingen zunächst gegen Kommunisten, Gewerkschafter, Studenten und später auch gegen viele Kirchenmitarbeiter vor. Bis heute ist der Verbleib von rund 200 Regimegegnern ungeklärt. Bislang wurden nur wenige Gerichtsverfahren gegen Ex-Militärs geführt, die das Oberste Gericht vom Amnestiegesetz ausgeschlossen hatte.

Nach Angaben der Tageszeitung "El Observador" ist es das erste Mal, dass der uruguayische Präsident mit dem aus dem Nachbarland Argentinien stammenden Papst zusammentrifft. Vor seiner Wahl zum Papst war Franziskus Erzbischof in der argentinischen Metropole Buenos Aires. Die Hauptstädte Montevideo und Buenos Aires sind nur durch die Flussmündung des Rio de la Plata getrennt. Inzwischen verbindet eine Fähre mit dem Namen "Papa Francisco" die Millionenstädte.

Hoffnung auf Einsicht wie in Argentinien

Uruguayische Medien rechnen damit, dass Franziskus der Bitte nachkommen wird. Denn der Papst hatte jüngst auch grünes Licht für eine ähnliche Aktion in seinem Heimatland gegeben und angekündigt, die Archive der katholischen Kirche für die Zeit der Militärdiktatur in Argentinien (1976-1983) zu öffnen.

Opfer der Militär-Junta und deren direkte Angehörige können somit künftig die entsprechenden Dokumente einsehen. Im Wesentlichen geht es um die Häftlinge und die "Desaparecidos", die Verschwundenen jener Jahre. Im Fall von Ordensleuten und Kirchenangestellten erhalten auch deren Obere Akteneinsicht. In Argentinien waren während der Militärdiktatur etwa 10.000 Oppositionelle und Menschen, die die Militärs dafür hielten, entführt und umgebracht worden. Sie verschwanden in landesweit rund 500 Folterzentren oder wurden aus dem Flugzeug über dem Meer abgeworfen. Menschenrechtsorganisationen gehen von einer Gesamtzahl von bis zu 30.000 Opfern aus.

"Beitrag zu Wahrheit, Gerechtigkeit und Frieden"

Auf ausdrücklichen Wunsch von Papst Franziskus seien die Dokumente aus dieser Epoche in den Archiven der Argentinischen Bischofskonferenz, des vatikanischen Staatssekretariats und der Vatikan-Botschaft in Buenos Aires katalogisiert und digitalisiert worden, hieß es. Diese Arbeiten seien nun abgeschlossen.

Bei den Dokumenten handelt es sich den Angaben zufolge überwiegend um Briefe von Angehörigen Verschwundener, die die katholische Kirche baten, sich bei den Militärs für ihre verschleppten Verwandten einzusetzen. Die damalige Führung der katholischen Kirche in Argentinien wurde häufig beschuldigt, Diktaturverbrechen verschleiert zu haben. Mit der Freigabe der Akten wolle die Kirche einen Beitrag zu Wahrheit, Gerechtigkeit und Frieden leisten, hieß es aus dem Vatikan. Ob das auch für Uruguay gilt, wird sich in den nächsten Tagen zeigen.


Quelle:
KNA