Urteil im Prozess zu Shapira-Klage gegen Berliner Uni vertagt

Weiterer Verhandlungstag anberaumt

Diese Verlängerung war nicht unbedingt erwartet worden. Der jüdische Student Lahav Shapira wirft der FU Berlin vor, zu wenig gegen Antisemitismus zu tun und klagte vor dem Verwaltungsgericht. Das braucht nun aber doch länger.

Der jüdische Student Lahav Shapira kommt am 8. April 2025 mit seinem Rechtsanwalt Sebastian Scharmer (r) zum Prozess wegen einer Attacke auf ihn im Kriminalgericht Moabit / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Der jüdische Student Lahav Shapira kommt am 8. April 2025 mit seinem Rechtsanwalt Sebastian Scharmer (r) zum Prozess wegen einer Attacke auf ihn im Kriminalgericht Moabit / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )

Geht die Freie Universität (FU) Berlin ausreichend gegen antisemitische Diskriminierung vor? Das Berliner Verwaltungsgericht verhandelte am Dienstag die Klage des jüdischen Studenten Lahav Shapira, der vor gut einem Jahr von einem Kommilitonen brutal zusammengeschlagen worden war. 

Er wirft der FU vor, gegen eine Verpflichtung aus dem Berliner Hochschulgesetz zu verstoßen: Sie müsse Diskriminierungen verhindern und bestehende Diskriminierungen beseitigen. Am Ende des ersten Verhandlungstags kam das Gericht unerwartet zu keinem Urteil und beraumte einen weiteren Verhandlungstag an, voraussichtlich im Oktober.

Shapira zeigte sich im Anschluss wenig überrascht, sagte aber, er wäre froh, "wenn endlich etwas passiert". Er sehe sich in seinen Grundrechten verletzt: "Ich möchte mit einem Sicherheitsgefühl studieren." Er finde es positiv, dass sich die Universität nun vor Gericht erklären müsse. Die Vertreter der Universität wollten sich nicht zum laufenden Verfahren äußern.

Verstoß gegen Hochschulgesetz?

Konkret ging es in der Verhandlung darum, ob die FU der Verpflichtung ausreichend nachgekommen ist, die sich aus dem Berliner Hochschulgesetz aus Paragraf 5b ergibt, wo es heißt: "Die Hochschulen sind verpflichtet, Diskriminierungen insbesondere wegen des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, einer rassistischen oder antisemitischen Zuschreibung, der Religion und Weltanschauung, einer Behinderung, einer chronischen Erkrankung, des Lebensalters, der Sprache, der sexuellen und geschlechtlichen Identität sowie der sozialen Herkunft und des sozialen Status zu verhindern und bestehende Diskriminierungen zu beseitigen."

Freie Universität Berlin / © Mo Photography Berlin (shutterstock)
Freie Universität Berlin / © Mo Photography Berlin ( shutterstock )

Im Prozess sagte Shapira, der auch Mitglied der jüdischen Gemeinde ist, propalästinensische Gruppierungen hätten auf dem FU-Gelände antiisraelische und antisemitische Veranstaltungen abgehalten und "Hetzjagden" an der Uni sowie in den sozialen Medien und Whatsapp-Gruppen angezettelt. Das führe auch zu psychischen Belastungen, die das Studium erschwerten. Er sich einen Sicherheitsdienst für den Besuch der Uni selbst organisieren müssen.

Er habe sich mehrfach an die Unileitung gewendet, allerdings aus seiner Sicht quasi folgenlos.

Vor dem Prozess sprachen mehrere Verbände von einer grundlegenden Bedeutung der Klage. Hochschulen müssten Maßnahmen ergreifen, damit Studierende ihr Grundrecht auf Bildung wahrnehmen könnten. Sie dürften keine Angst vor antisemitischen oder rassistischen Beleidigungen, Bedrohungen, Anfeindungen oder körperlicher Gewalt haben müssen. Zu den Beteiligten an dem Aufruf gehören unter anderen der Bundesverband der Recherche und Informationsstellen Antisemitismus (Rias) und die Jüdische Studierendenunion Deutschland (JSUD).

Erster Prozess im Frühjahr

Im April war ein Mann nach dem Angriff auf Shapira wegen gefährlicher Körperverletzung zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Laut Gericht handelte er aus antisemitischen Motiven. Der Täter schlug demnach im Februar 2024 seinen damaligen Kommilitonen mit der Faust nieder und trat ihn ins Gesicht. Dabei erlitt Shapira eine komplexe Mittelgesichtsfraktur und eine Hirnblutung.

Antisemitismus

Antisemitismus nennt man die offen propagierte Abneigung und Feindschaft gegenüber Juden als Volksgruppe oder als Religionsgemeinschaft. Der Begriff wird seit dem 19. Jahrhundert gebraucht, oft als Synonym für eine allgemeine Judenfeindlichkeit. Im Mittelalter wurden Juden für den Kreuzestod Jesu verantwortlich gemacht und als "Gottesmörder" beschuldigt. Während der Kreuzzüge entlud sich die Feindschaft in mörderischen Ausschreitungen, Vertreibungen und Zwangsbekehrungen.

Teilnehmende einer Demonstration zur Solidarität mit Israel / © Michael Kappeler (dpa)
Teilnehmende einer Demonstration zur Solidarität mit Israel / © Michael Kappeler ( dpa )
Quelle:
KNA