Untersuchung zum Christen-Bild in Islam-Schulbüchern

"Syrien war die größte Überraschung"

Wie wird das Christentum in den Schulbüchern islamisch geprägter Länder dargestellt? Das wollten Religionswissenschaftler und Religionspädagogen der Universitäten Rostock und Erlangen-Nürnberg wissen. Die ersten Untersuchungsergebnisse liegen jetzt in zwei Bänden vor.

 (DR)

Wie wird das Christentum in den Schulbüchern islamisch geprägter Länder dargestellt? Das wollten Religionswissenschaftler und Religionspädagogen der Universitäten Rostock und Erlangen-Nürnberg wissen. Die ersten Untersuchungsergebnisse liegen jetzt in zwei Bänden vor. Das Ergebnis: zum Teil überraschend. So präsentiert Syrien das Christentum am positivsten. Gut angenommen worden sei die Studie in der Türkei, so die Wissenschaftler. Ganz anders als in Ägypten.

Idee zu Untersuchung stammt bereits aus den 80ern

Zunächst sei es schwierig gewesen, den Gesprächspartnern zu erklären, "dass wir nicht im Auftrag des amerikanischen Außenministeriums herumreisen", sagt Professor Klaus Hock von der Theologischen Fakultät Rostock und einer der beiden Leiter des Forschungsprojektes.

Manche Amerikaner hätten nach dem 11. September gern die Lehrpläne in islamischen Ländern umgeschrieben, weil angeblich die Schulbücher am Terrorismus schuld seien, so der 51-jährige Religionswissenschaftler. Dabei sei die Idee zu dem Forschungsprojekt bereits vor dem Hintergrund einer Untersuchung zum Islambild in deutschen Schulbüchern in den 80er Jahren entstanden.

Im Laufe ihrer Untersuchungen mussten die Wissenschaftler feststellen, dass in Ägypten das Forschungsprojekt grundsätzlich abgelehnt wurde. Hingegen hätten sich die Türkei und die Palästinenser "bewegt", sagt Hock. In den palästinensischen Autonomiegebieten seien die Gesprächspartner froh über die Analyse gewesen und hätten sich am intensivsten damit auseinandergesetzt. In der Türkei habe die Untersuchung dazu geführt, dass Christen künftig Passagen zum Christentum in neuen Schulbüchern gegenlesen sollen, um falsche Darstellungen zu vermeiden.

Dies passiert bereits in Syrien und "war die größte Überraschung", berichtet der Rostocker Wissenschaftler. Syrien habe schon immer darauf geachtet, dass keine Polemik gegen Minderheiten in den Schulbüchern auftaucht. Immerhin gehöre Präsident Baschar al-Assad der Minderheit der Alewiten an. Christen erfreuen sich demnach in Syrien nach eigenen Aussagen einer großen Religionsfreiheit.

"Islamisch gefärbtes Christentum"

So sei das Christentum in den Schulbüchern Syriens und der palästinensischen Gebiete unter den bisher untersuchten acht Ländern am positivsten dargestellt. Eine Ausnahme bildeten aber die im islamischen Religionsunterricht im palästinensischen Raum verwendeten Bücher. Problematisch seien die Befunde in Ägypten, findet Hock. Dabei verweist er auf die nur dort zu findende Gleichsetzung von Kreuzzügen, Kolonialismus und westlichem Imperialismus.

Allerdings sei das Bild des Christentums nirgendwo bloß negativ, so der Religionswissenschaftler weiter. Präsentiert werde aber oftmals ein "islamisch gefärbtes Christentum". Etwa wenn Jesus als Prophet erscheint ähnlich wie Mohammed, Kreuz und Auferstehung dagegen keine Rolle spielen. Verzerrungen ergeben sich beispielsweise auch, wenn die Trinität (Dreieinigkeit des christlichen Gottes) als Polytheismus (Vielgötterei) interpretiert oder wenn die jüdische Identität Jesu nicht erwähnt wird.

Voraussichtlich Anfang 2007 werden die Resultate zu Jordanien, Syrien, Algerien und dem Libanon publiziert. Als nächstes könnte sich Hock vorstellen, ausgewählte muslimische Länder Zentralasiens, Südostasiens und Afrikas südlich des Sahara unter die Lupe zu nehmen.
(epd)