Forderungen nach konsequentem Vorgehen gegen Islamisten

Unterschätzte Gefahr?

Nach dem tödlichen Anschlag in Wien mehren sich Forderungen nach einem konsequenten Vorgehen gegen Islamisten. Zugleich wird gemahnt, europäische Werte hochzuhalten und Austausch mit liberalen Muslimen zu pflegen.

Autor/in:
Leticia Witte
Wien: Bewaffnete Polizisten stehen Wache nach einem Schusswechsel im Stadtzentrum / © Ronald Zak (dpa)
Wien: Bewaffnete Polizisten stehen Wache nach einem Schusswechsel im Stadtzentrum / © Ronald Zak ( dpa )

Als Alarmsignal für den Kontinent sieht der Terrorismusforscher Guido Steinberg die gegenwärtige Welle von islamistischen Attentaten. "Wir hatten noch nie eine so bedrohliche Welle von Einzeltätern." Sie zeige, wie groß die Unruhe und die Mobilisierung im dschihadistischen Milieu sei, sagte er am Mittwoch in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Es gebe offenbar eine hohe Zahl von islamistischen Terroristen in Europa.

Steinberg forderte ein härteres Vorgehen des Staates und der Sicherheitsbehörden gegen Gefährder. Das gelte für Überwachung wie Observation, elektronische Fußfesseln oder Meldepflichten. "Auch die konsequente Abschiebung von Gefährdern halte ich für erforderlich. Straftäter können auch in verlängerter Abschiebehaft gehalten werden, wenn es gerade Abschiebehindernisse gibt." Härter vorgehen müsse der Staat auch gegen den politischen Islam.

Islamwissenschaftler: Häufung von Anschlägen

Für den Islamwissenschaftler Michael Kiefer könnte hinter den sich häufenden islamistischen Anschlägen ein geplantes Szenario stecken, sagte er dem Portal katholisch.de. Der Terrorismusexperte Peter R. Neumann sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, es sei eine große Gefahr, dass in Europa in den kommenden Monaten Hunderte Dschihadisten aus Gefängnissen freikämen. Der Islamexperte Ahmad Mansour warnte in der "Rhein-Neckar-Zeitung" davor, die Gefahr nicht zu unterschätzen.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble sagte in Berlin, der islamistische Terror treffe Menschen wahllos, er ziele aber immer "auf die Freiheit des Glaubens, auf die Freiheit nicht zu glauben, auf unsere Art zu leben". David Harris vom American Jewish Committee forderte in der "Welt" (Donnerstag), Europa müsse nun Forderungen stellen: "Es liegt auch in der Verantwortung des Neuankömmlings, die besonderen Werte einer Gesellschaft zu verstehen und zu respektieren."

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte: "Der islamistische Terror ist unser gemeinsamer Feind, der Kampf gegen diese Mörder und ihre Anstifter ist unser gemeinsamer Kampf." Islamismus sei eine "Form von Terrorismus und nicht eine Religion."

Innenministerium: Zahl der Gefährder steigt

Derzeit sind nach Angaben des Bundesinnenministeriums in Deutschland 615 islamistische Gefährder registriert sowie 521 relevante Personen, die die Sicherheitsbehörden im Blick behalten. Die Zahl der Gefährder im Bereich Rechtsextremismus sei mit 59 Menschen deutlich geringer, aber sie steige an.

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sagte der "Zeit" (Donnerstag), dass die große Mehrheit der Muslime solche Gewalttaten verurteile. "Wir werden Austausch und Integration mit muslimischen Verbänden und Organisationen fortsetzen und intensivieren." Die evangelische Theologin Margot Käßmann sprach in der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" von einem "schweren Rückschlag" insbesondere für liberale Muslime, "weil sie wieder mit Islamisten in eins gesetzt werden". Umso wichtiger sei der Dialog.


Quelle:
KNA
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