Unsere Liebe Frau auf dem Berge Karmel als Namenstag für alle Carmens

Nach der Gottesmutter benannt

Spanien ist eines der beliebtesten Reiseziele der Deutschen. Aufmerksame Urlauber haben sicher bemerkt, dass es dort besonders viele Vornamen gibt, die auf Maria bezugnehmen. Doch woher stammen die Namen Carmen, Dolores und Pilar?

Autor/in:
Roland Müller
Semana Santa in Andalusien / © Verena Tröster
Semana Santa in Andalusien / © Verena Tröster

María del Carmen – so lautet der häufigste Vorname in Spanien. Dort leben laut aktuellen Angaben der nationalen Statistikbehörde des Landes 624.368 Frauen, die diesen Namen tragen – knapp 1,3 Prozent der Bevölkerung. Heute zählt María del Carmen anders als in den vergangenen Jahrzehnten nicht mehr zu den beliebtesten weiblichen Vornamen für Neugeborene. Lucía, Sofía und Martina haben im Jahr 2023 die ersten drei Plätze unter den meistvergebenen Babynamen erobert. Auf Rang 13 findet sich aber immer noch der traditionsreiche Name María del Carmen, der im Alltag oft mit Maria Carmen, Maricarmen oder schlicht Carmen abgekürzt wird.

Für alle Carmens ist der 16. Juli ein besonders freudiger Tag, denn am Gedenktag Unserer Lieben Frau auf dem Berge Karmel können sie ihren Namenstag feiern. Seit dem 14. Jahrhundert ist dieser Tag als Eigenfest des Karmeliterordens bekannt, der seine Gründung auf Einsiedler zurückführt, die im Karmelgebirge im Heiligen Land lebten. 1726 wurde dieses Fest von Papst Benedikt XIII. als Gedenktag für die ganze Kirche eingeführt. Im Spanischen wird der Berg Karmel als Monte Carmelo bezeichnet, über die Jahrhunderte ist jedoch die Bezeichnung Carmen für das etwas mehr als 500 Meter hohe Gebirge üblich geworden. 

Erste berichtete Marienerscheinung

Alle Frauen mit dem Namen María del Carmen sind also nach einem Marientitel benannt, der auf einen bestimmten Ort und eine damit verbundene Anrufung der Gottesmutter bezugnimmt. In den Ländern der Iberischen Halbinsel und Lateinamerikas werden zumeist Mädchen bis heute nach Marientiteln und Festen des Kirchenjahres benannt. Neben María del Carmen sind vor allem María del Pilar und María Dolores verbreitet, die für diese Praxis der Namensgebung stehen. 

Heiliger Apostel Jakobus der Ältere / © Harald Oppitz (KNA)
Heiliger Apostel Jakobus der Ältere / © Harald Oppitz ( KNA )

María del Pilar – oft abgekürzt als Pilar – nimmt auf die erste berichtete Marienerscheinung Bezug, die sich im Jahr 40 nach Christus ereignet haben soll. Der Legende nach erschien die damals noch lebende Gottesmutter dem Apostel Jakobus in der spanischen Stadt Saragossa auf einer Säule. Pilar hat auf Spanisch die Bedeutung Pfeiler.

Beklemmung, Einsamkeit und Schnee

Einen weniger freudigen Anlass greift der Name María Dolores auf, meist als Dolores oder Loli abgekürzt. Wörtlich bedeutet er Schmerzen Mariens und ist auch der Name eines Festes, das im Kirchenjahr etwa seit dem 17. Jahrhundert am 15. September gefeiert wird. Als Ideenfest besitzt es keine direkte biblische Grundlage, es bezieht sich als Gedächtnis der Sieben Schmerzen Mariens aber auf konkrete Ereignisse aus dem Leben der Gottesmutter, die im Neuen Testament berichtet werden. 

Andere Beispiele für Frauennamen nach ähnlichen Marienfesten und -titeln sind María de las Angustias (Beklemmung), María Soledad (Einsamkeit) oder María Nieves (Schnee). Aber auch die (Hoch-)Feste der Unbefleckten Empfängnis (Inmaculada Concepción), Mariä Himmelfahrt (Asunción) oder Mariä Reinigung (Purificación) waren bei früheren Generationen verbreitete Vornamen.

Lourdes als Vorname

Bis heute sind zudem besonders in Lateinamerika die Bezeichnungen von Orten als Frauennamen üblich, an denen die Jungfrau Maria erschienen ist. So stehen die Chancen gut, etwa in Chile ein Mädchen mit dem Namen Lourdes anzutreffen oder in Mexiko eine Frau, die Guadalupe heißt. Auch Fátima nimmt auf einen Marienwallfahrtsort Bezug, ist aber auch ein aus dem Arabischen stammender weiblicher Vorname, der unabhängig von seiner christlichen Tradition verwendet wird. Die Namen Montserrat oder Arantzazu verweisen auf Klöster in Spanien, in denen es eine besondere Marienverehrung gibt. 

Blick auf das Gebirge und die Benediktinerabtei Santa Maria de Montserrat am 14. Juli 2021 in Montserrat (Spanien) / © Manuel Meyer (KNA)
Blick auf das Gebirge und die Benediktinerabtei Santa Maria de Montserrat am 14. Juli 2021 in Montserrat (Spanien) / © Manuel Meyer ( KNA )

Die vor allem in den spanischsprachigen Ländern übliche Verwendung von Frauennamen mit einem Bezug auf Marientitel und Feste erklärt sich mit einer Tradition, die lange zurückreicht. Im vierten Jahrhundert forderte der heilige Johannes Chrysostomos christliche Eltern dazu auf, ihren Kindern bei der Taufe die Namen von Märtyrern oder Aposteln zu geben. Die damals übliche Benennung nach dem Vater oder entsprechend einer Familientradition sei "barbarisch", so der Kirchenlehrer. "Welcher Vater könnte besser sein, als der heilige Paulus?", fragte er sinngemäß. Im Mittelalter wurde es dann üblich, Neugeborene nach einem der Heiligen zu benennen, derer die Kirche am Tag der jeweiligen Geburt gedachte. 

Geistliche bestimmten Namen

Diese Tradition blieb in den stark katholisch geprägten Ländern der Iberischen Halbinsel besonders lange erhalten und weitete sich auch auf die zahlreichen Marienfeste und Anrufungen der Gottesmutter aus. Teilweise sollen die Geistlichen bei der Taufe kurzerhand die Namenspatrone und damit die offiziellen Namen der Täuflinge ausgesucht haben. 

So erklären sich auch die etwas sperrigen Vornamen, wie María Dolores, die zum Beispiel auf die Schmerzen der Gottesmutter verweisen. Wohl nur wenige Eltern würden ihren Kindern solche Namen freiwillig geben. Auch die seit dem Mittelalter stetig zugenommene Verehrung der Gottesmutter trug ihren Teil zur verstärkten Benennung von Mädchen mit dem Namen Mariens bei – nachdem zuvor jahrhundertelang aus Gründen der Ehrfurcht vor der Mutter Jesu dieser Name kaum vergeben worden war.

Königliche Namen

Ähnliches gilt mit Blick auf Spanien übrigens auch für den Namen Jesus: Dort und in Lateinamerika ist er ein gängiger Vorname – anders als in den meisten anderen Teilen der Welt. Warum das so ist, lässt sich nicht genau klären. Wahrscheinlich hängt es aber damit zusammen, dass im Hochmittelalter die Verehrung des Namens Jesu einsetzt, die zunächst besonders von den Bettelorden der Dominikaner und Franziskaner gefördert wurde. Später setzten sich vor allem die Jesuiten dafür ein und eigene liturgische Feste rund um den Namen Jesu entstanden. In Spanien war diese Entwicklung besonders prägend.

Felipe VI., König von Spanien, und Königin Letizia / © Lorena Sopêna/EUROPA PRESS (dpa)
Felipe VI., König von Spanien, und Königin Letizia / © Lorena Sopêna/EUROPA PRESS ( dpa )

Gleiches gilt für die Verehrung des Herzens Jesu und der Heiligen, die sich im Spanischen in weiteren Namenszusätzen niederschlägt. So kann etwa die Bezeichnung "del Sagrado Corazón de Jesús" ("des heiligsten Herzens Jesu") dem Vornamen beigestellt werden. Auch ein Verweis auf alle Heiligen kann zwischen Vor- und Familiennamen verwendet werden. So trägt etwa derzeitiger Spaniens König Felipe VI. offiziell die Vornamen Felipe Juan Pablo Alfonso de Todos los Santos, in deutscher Übersetzung also Philipp Johannes Paul Alfons von allen Heiligen. König Felipe scheint sein Namensbezug zu Allerheiligen gut zu gefallen, denn er hat ihn auch an seine beiden Töchter Leonor und Sofía weitergegeben.

Ein ABC der Mariologie

Spätestens im 19. Jahrhundert verselbstständigte sich das Bild von Maria, der Mutter Jesu, in der katholischen Kirche. Für manche Gläubige überdeckte die Marienverehrung sogar die von Christus selbst.

Eine Marienfigur hängt an einer weißen Wand / © Lorenz Lenk (KNA)
Eine Marienfigur hängt an einer weißen Wand / © Lorenz Lenk ( KNA )
Quelle:
DR

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