Union stößt mit neuem Strategiepapier im Bundestag auf breite Ablehnung

Streit um Sicherheitskonzept

Die Union ist mit ihrem neuen Sicherheitskonzept im Bundestag isoliert. In einer Aktuellen Stunde des Parlaments wiesen neben den drei Oppositionsfraktionen von FDP, Linke und Grünen auch SPD-Vertreter die CDU/CSU-Vorstellungen am Mittwoch entschieden zurück. Der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Fraktion, Andreas Schockenhoff (CDU), verteidigte dagegen mit Nachdruck das neue Konzept. Niemand habe vor, die Aufgabenverteilung im Kabinett aufzuheben und die Rechte des Parlaments zu beschneiden.

 (DR)

Zugleich rief Schockenhoff zu einer «breiten strategischen Diskussion» über die Sicherheitspolitik auf. Dazu gehöre nicht nur eine engere Verzahnung beim Heimatschutz, sondern es gehe auch um praktikable Regelungen zur Beteiligung der Bundeswehr in europäischen Strukturen. Hier sei eine Änderung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes nötig.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Christian Schmidt (CSU), sagte, anscheinend sei mit dem Unions-Papier «ein aktuelles Thema zum richtigen Zeitpunkt aufgegriffen worden». Die Bundesregierung habe schon immer die Auffassung vertreten, dass offen darüber diskutiert werden müsse, ob man angesichts der «Bedrohungen für die Sicherheit unseres Landes richtig aufgestellt» sei.

Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), beklagte dagegen, mit ihrem Papier schere die Union aus dem traditionellen Bemühen um einen parteiübergreifenden Grundkonsens in Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik aus. Dabei kollidierten ihre Kernforderungen «mit allen relevanten Referenztexten», darunter auch mit dem Grundgesetz und dem schwarz-roten Koalitionsvertrag von 2005.

SPD-Fraktionsvize Walter Kolbow wandte sich gegen einen Verzicht auf ein UN-Mandat bei internationalen Bundeswehr-Einsätzen und lehnte die Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrates nach US-Vorbild ab. «Das ist nicht unser Verfassungssystem«, argumentierte er.

Kolbow, der unter Rot-Grün Parlamentarischer Verteidigungs-Staatssekretär war, räumte zugleich ein, dass die damalige Regierung mit der Entsendung der Awacs-Flugzeuge 2003 einen Fehler gemacht habe. Die jetzige Feststellung des Bundesverfassungsgerichts rufe zur künftigen Beachtung auf.

FDP-Fraktionsvize Werner Hoyer warnte vor einem Schritt in Richtung «Präsidialdemokratie». Mit seinem jüngsten Awacs-Urteil habe das Verfassungsgericht jedoch hier klare Grenzen gezogen. Damit sei deutlich geworden, dass ein Nationaler Sicherheitsrat mit der «verfassungsrechtlich gebotenen Balance zwischen Ressortprinzip und Kanzlerprinzip einfach nicht vereinbar» sei.

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sagte, Ziel des Unions-Papiers sei es, die »bewährte Grenzziehung« zwischen innerer und äußerer Sicherheit zu verwischen. Dazu werde es im Bundestag aber keine Mehrheit geben. Zugleich warnte sie davor, den Parlamentsvorbehalt bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr in Frage zu stellen. «Finger weg vom Parlamentsvorbehalt - die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee», sagte Künast.

Für die Links-Fraktion warf ihr Abgeordneter Norman Paech der Union vor, auf eine »vollkommene Militarisierung der Außenpolitik« zu setzen. Mit ihren Anleihen am US-Sicherheitsrat wolle die Union »offensichtlich die dort versammelte Machtfülle und die gesamte Entscheidungskompetenz auch für den Sicherheitsrat am Kanzleramt". Das sprenge aber eindeutig den deutschen Verfassungsrahmen.