UN-Menschenrechtskommissarin kritisiert Boykott-Staaten zum Ende der Antirassismuskonferenz

Bizarr bis zum Schluss

Zum Abschluss der UN-Antirassismuskonferenz hat die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, den Boykott durch Deutschland kritisiert. Sie könne das Fernbleiben der Bundesrepublik und neun weiterer westlicher Staaten von dem Treffen nicht verstehen, sagte Pillay am Freitag in Genf. Die Bundesregierung erklärte unterdessen, sie stehe hinter dem Abschlussdokument des UN-Treffens. Kirchenvertreter bemängelten das Fehlen eines Paragrafen gegen religiöse Verleumdung in der Schlusserklärung.

 (DR)

Pillay äußerte vor allem Unverständnis darüber, dass Deutschland und andere Boykottländer noch vor der Genfer Konferenz das Abschlussdokument gebilligt, anschließend aber nicht teilgenommen hätten: "Ich betrachte es als bizarr." Die Boykottstaaten hatten ihr Fernbleiben mit den erwarteten Anfeindungen gegen Israel begründet. Für einen Eklat hatte die anti-israelische Rede des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad am Montag gesorgt, die weltweit Empörung auslöste.

In der bereits am Dienstag verabschiedeten Abschlusserklärung fordern die Konferenzteilnehmen, einen entschlossenen Kampf gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung. "Den Text können wir mittragen. Wir haben kein Problem damit", sagte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke (CDU), der "Frankfurter Rundschau". Die Bundesregierung sehe sich aber jetzt "nicht zum Handeln aufgefordert". Auch die Staaten, die an der Konferenz teilnahmen, hätten das Abschlussdokument nicht unterzeichnet, sondern nur per Akklamation angenommen.

"Unverantwortlich und peinlich"
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warf der Bundesregierung vor, durch den Konferenzboykott dem Kampf gegen Rassismus geschadet zu haben. Der menschenrechtspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, kritisierte: "Es ist unverantwortlich und peinlich, wie die Bundesregierung sich zur Anti-Rassismus-Konferenz der Vereinten Nationen verhalten hat."

Der Direktor des Instituts für Menschenrechte, Heiner Bielefeldt erklärte, der Vorab-Boykott sei wirkungslos gewesen. "Das trifft nicht Ahmadinedschad, der es verdient hat, dass man ihn boykottiert, sondern trifft die UNO-Menschenrechtspolitik insgesamt", sagte er im Deutschlandradio Kultur.

Der Weltkirchenrat und der Lutherische Weltbund lobten das Abschlussdokument als wichtigen Beitrag im globalen Kampf gegen den Rassismus. Die Kirchenbünde bemängelten aber, dass ein geplanter Paragraf über die Verleumdung von Religionen in dem Text nicht vorkomme. Zudem hätten die UN-Länder auch auf das Schicksal von 260 Millionen sogenannten Unberührbaren in südasiatischen Ländern wie Indien aufmerksam machen müssen. Die Unberührbaren sind gesellschaftlich geächtet.

Die Konferenz war das Nachfolgetreffen der UN-Antirassismuskonferenz von 2001 im südafrikanischen Durban. UN-Offizielle rechnen mit einer weiteren Antirassismuskonferenz in einigen Jahren.