UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zu Besuch in Bonn

Tauziehen hinter den Kulissen

Der Gast aus New York hatte lobende Worte im Gepäck. Bonn sei ein wichtiger europäischer UN-Stützpunkt sowie "Partner und Vorbild", sagte der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki Moon, am Mittwoch bei seinem Kurzbesuch in der Bundesstadt. Die Worte wirkten wie Balsam auf die Bonner Seele. Denn kurz vorher war der deutsche UN-Standort ins Gerede gekommen. Ausgerechnet der in Nordrhein-Westfalen dafür zuständige Landesminister Armin Laschet (CDU) beklagte ein Kompetenzwirrwarr bei der Bundesregierung, das die Anwerbung weiterer Organisationen verhindere.

 (DR)

Der Widerspruch ließ nicht lange auf sich warten. Laschets Kritik sei nicht nachvollziehbar, hieß es im Auswärtigen Amt in Berlin.
Seit Jahresbeginn koordiniert eine eigene Arbeitsgruppe in der Bonner Außenstelle die Bemühungen um einen Ausbau des Standorts.
Auch die für den "UN-Campus" zur Verfügung stehenden Bundesmittel, zehn Millionen Euro im Jahr, werden seit 1. Januar 2008 zentral in dem Ministerium verwaltet. Bonns Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann (SPD) sprach von einer "Erfolgsgeschichte", die nur durch das gemeinsame Vorgehen von Bund, Land und Stadt habe realisiert werden können.

In der Tat: Was 1984 mit einem kleinen Stab von Experten im "Sekretariat des Übereinkommens zur Erhaltung der wandernden und wild lebenden Tierarten" begann, hat sich seit Mitte der 90er-Jahre zu einer festen Größe entwickelt. Besonders zukunftsträchtig ist das "Klimasekretariat", wo heute schon beinahe jeder zweite Bonner UN-Mitarbeiter zu finden ist. Insgesamt tragen 17 Einrichtungen der Vereinten Nationen mit rund 700 Beschäftigten dazu bei, das internationale Profil der ehemaligen Bundeshauptstadt zu schärfen.
Damit belegt die Stadt im weltweiten Vergleich einen Mittelfeldplatz, rangiert aber noch immer deutlich hinter den vier UN-Hauptsitzen in New York, Genf, Wien und Nairobi oder auch UN-Standorten wie Paris und Rom, wo sich Unesco oder FAO jeweils mehrere tausend Angestellte leisten.

Investition in die Zukunft
Um konkurrenzfähig zu bleiben, wurde in Bonn fleißig investiert.
Allein 55 Millionen Euro hat sich die Bundesregierung den Umbau des ehemaligen Abgeordnetenhauses "Langer Eugen" zu einem "bauökologischen Modellprojekt" kosten lassen. In dem Hochhaus am Rheinufer sitzt inzwischen die Mehrheit der UN-Bediensteten. Mit der für 2010 anvisierten Fertigstellung des "World Conference Center" in unmittelbarer Nachbarschaft soll dann auch ein Kongresszentrum bereitstehen, das den Ansprüchen der Weltorganisation genügt.

Das Geld ist nach Angaben der Stadt gut angelegt. Jeder Mitarbeiter lässt im Schnitt 100.000 Euro pro Jahr in der Region. Und Großevents wie die zweiwöchige Naturschutzkonferenz vom Mai mit 5.000 Teilnehmern bescheren der heimischen Wirtschaft einen Umsatz von schätzungsweise sechs bis acht Millionen Euro. Kein Wunder also, dass auch andere Städte ein Stück vom Kuchen abhaben wollen. Sobald eine neue UN-Institution gegründet wird oder Umzugspläne von bereits bestehenden Einrichtungen bekanntwerden, geht das Tauziehen hinter den Kulissen los, sagt ein Insider.

Macht Bonn das Rennen?
Welcher Standort das Rennen macht, hängt von vielen Faktoren ab, wie der Sprecher der gemeinsamen UN-Pressestelle in Bonn, Harald Ganns, betont. Dass öffentliche Fördergelder eine große Rolle spielen, ist kein Geheimnis. So gehört es mittlerweile zum Standard, den UN-Ablegern Büroräume mietfrei zur Verfügung zu stellen. Zusätzlich versucht Bonn, mit weichen Faktoren zu punkten: der landschaftlich reizvollen Lage, dem toleranten Klima in der Bevölkerung oder der guten Infrastruktur. "Natürlich", räumt Ganns ein, "gibt es nirgendwo Marketing, das nicht noch verbessert werden könnte".

Und genau in diesem Punkt wünscht sich mancher Kritiker noch mehr Engagement. "Wir würden es begrüßen, wenn sich weitere UN-Einrichtungen in Bonn ansiedeln", so Welthungerhilfe-Mitarbeiter Ulrich Post. Das könne Synergie-Effekte mit den in der Stadt ansässigen Organisationen der Entwicklungshilfe schaffen, zu denen außer der Welthungerhilfe etwa das "Bündnis Entwicklung hilft" oder der Bundesverband entwicklungspolitischer Nichtregierungsorganisationen (VENRO) zählen. Noch allerdings fehle es an zugkräftigen Namen, sagt Post. Das Tauziehen hinter den Kulissen ist noch lange nicht zu Ende.