Umfrage: Deutsche sprechen sich gegen embryonale Stammzellforschung aus - Bundesverband im domradio-Interview

"Signal an die Politik"

Zwei Drittel aller Bundesbürger haben sich in einer Umfrage des Bundesverbandes Lebensrecht (BVL) gegen die Erzeugung oder Zerstörung menschlicher Embryonen zu Forschungszwecken ausgesprochen. "Das ist ein eindeutiges Signal an die Politik", so Claudia Kaminski, Vorsitzende des BVL im domradio. "Die Deutschen wollen keine verbrauchende Embryonenforschung."

 (DR)

Nach einer vom BVL am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Studie plädierten zugleich 61 Prozent von 1.000 Befragten dafür, nur an adulten Stammzellen oder aus Hautzellen reprogrammierten Zellen zu forschen. Diese werden bereits geborenen Menschen entnommen.

Rund 27 Prozent der Befragten befürworteten eine Forschung an embryonalen Stammzellen. Diese ist umstritten, weil für sie Embryonen getötet werden müssen. Die Ergebnisse sind gegenüber einer ähnlichen Umfrage im Vorjahr weitgehend stabil. Allerdings hat sich die Zahl der Gegner einer Forschung an embryonalen Stammzellen um rund vier Prozent erhöht. Am größten ist der Widerspruch in der Altersgruppe der bis zu 40-Jährigen.

Vor allem Frauen lehnen ab
Die BVL-Vorsitzende Claudia Kaminski wertete das Ergebnis als klares Votum gegen eine Verschiebung des Stichtags im Stammzellgesetz. Vor allem Frauen lehnten es ab, "als Rohstofflieferantinnen und Eizellspenderinnen für die Forschung in Betracht zu kommen". Der Vorsitzende der Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung, der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Robert Antretter, warnte vor einer Liberalisierung embryonaler Stammzellforschung. Das Bestreben, den Menschen zu perfektionieren, führe zunehmend zur Missachtung Behinderter. Er wertete das Umfrageergebnis nicht zuletzt als Antwort auf enttäuschte Heilsverheißungen durch die Forschung.

Der CDU-Bioethikexperte Hubert Hüppe kündigte als Konsequenz der Umfrage einen weiteren Bundestagsantrag an, der sich für ein generelles Importverbot von Stammzellen ausspricht. Das würde die Abschaffung des seit 2002 geltenden Stammzellgesetzes bedeuten.

Am Mittwoch hatten Vertreter von Grünen, Union, SPD und FDP einen Antrag gegen eine Aufweichung der bestehenden Regelung vorgelegt. Die CDU-Abgeordnete Julia Klöckner, die wie auch Hüppe den Antrag mitträgt, wandte sich gegen Zeitdruck bei der Entscheidung und plädierte für eine breite Einbeziehung der Bevölkerung in die Debatte. Zwei weitere Anträge treten für eine einmalige Verschiebung des Stichtags beziehungsweise dessen Abschaffung ein.

Kirchen konsequent für Lebensschutz - mit Ausnahmen
Der Generalsekretär der Evangelischen Allianz, Hartmut Steeb, forderte ebenfalls ein Verbot des Stammzellimports und damit die Abschaffung des Gesetzes. Es sei gescheitert. Der Ausdruck "Ethik des Heilens" im Zusammenhang mit der Forschung an menschlichen Embryonen sei "Ausdruck großer Menschenverachtung".

Steeb wandte sich zugleich gegen den Eindruck, es gebe einen konfessionellen Unterschied bei diesem Thema. Er danke der katholischen Kirche, "dass sie in dieser Frage kompromisslos beim Lebensschutz bleibt", sowie Bischöfen und führenden Mitgliedern der protestantischen Kirche, dass sie dem EKD-Ratsvorsitzenden, Bischof Wolfgang Huber, "kräftig widersprechen". Huber plädiert seit langem für eine einmalige Verschiebung des Stichtages.

Bischöfe: Mehrheitsmeinung der Bevölkerung berücksichtigen
Der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Pater Hans Langendörfer, forderte von der Politik, die Haltung der Bevölkerung bei den Entscheidungen zum Stammzellgesetz zu berücksichtigen.

Langendörfer bekräftigte, dass die katholische Kirche eine verbrauchende Embryonenforschung und jeden Kompromiss zu Lasten des menschlichen Lebens ablehne. Embryonen dürften niemals wie ein Verbrauchsgut angesehen werden. Das bedeute aber keinen Verzicht auf Forschung, sondern einen kreativen Umgang mit Alternativen, betonte Langendörfer.