Um eine Papstreise nach Kiew wird auch unter Leo XIV. gerungen

Neue Russlandpolitik mit neuem Papst?

Als Bischof hat Robert Prevost einst den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine klar verurteilt. Nun ist er Papst und könnte die Russlandpolitik seines Vorgängers Franziskus korrigieren. Der Druck ist groß.

Autor/in:
Ludwig Ring-Eifel
Swjatoslaw Schewtschuk (l.), Großerzbischof von Kiew (Ukraine) und Oberhaupt der Ukrainischen griechisch-katholischen Kirche, begrüßt Papst Leo XIV. beim Treffen von Vertretern der katholischen Ostkirchen / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Swjatoslaw Schewtschuk (l.), Großerzbischof von Kiew (Ukraine) und Oberhaupt der Ukrainischen griechisch-katholischen Kirche, begrüßt Papst Leo XIV. beim Treffen von Vertretern der katholischen Ostkirchen / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

An der Spitze der katholischen Kirche gibt es derzeit offenbar ein Tauziehen um die künftige Russland- und Ukraine-Politik des Heiligen Stuhls. Im Zentrum steht dabei die Frage, ob und wann der neue Papst Leo XIV. nach Kiew reisen wird.

Das Oberhaupt der mit Rom verbundenden griechisch-katholischen Kirche in der Ukraine, Erzbischof Swjatoslaw Schewtschuk, drängt mit Nachdruck auf eine baldige Reise des Papstes nach Kiew. Der italienischen Tageszeitung "Il Messaggero" (Donnerstag) sagte er:

"Unser Präsident und wir haben den Papst mehrere Male eingeladen und auch jetzt wieder. Wir brauchen seinen Besuch in der Ukraine, seine Gegenwart unter uns. Wir wollen ihm unsere Wunden zeigen und ihn nach Butscha bringen und dort mit ihm beten."

In einem am selben Tag veröffentlichten Interview der Zeitung "La Repubblica" sprach Schewtschuk ferner davon, dass die mit Rom verbundene Ostkirche in der Ukraine überall dort vernichtet werde, wo Russland ukrainisches Gebiet besetze. Am Mittwoch und Donnerstag traf Schewtschuk gleich zweimal hintereinander den neuen Papst.

Swjatoslaw Schewtschuk, Erzbischof von Kiew und Großerzbischof von Kiew-Halytsch der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche / © Cristian Gennari (KNA)
Swjatoslaw Schewtschuk, Erzbischof von Kiew und Großerzbischof von Kiew-Halytsch der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche / © Cristian Gennari ( KNA )

Einmal tauschten sie sich am Mittwoch bei einer Begegnung anlässlich der Papstaudienz für die katholischen Ostkirchen kurz aus. Und dann empfing Leo XIV. den Ukrainer am Donnerstag offiziell in Privataudienz. Über den Inhalt der Begegnung teilte der Vatikan anschießend wie üblich nichts mit.

Unter Leos Vorgänger Papst Franziskus gab es mehrere Einladungen zu einer Reise in die Ukraine. Die Reise kam unter anderem deshalb nicht zustande, weil Franziskus sagte, er könne nur dann nach Kiew reisen, wenn er auch nach Moskau eingeladen werde. Letzteres kam jedoch wohl nie zustande.

Parolin dämpft Erwartungen an den neuen Papst

Unterdessen dämpfte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin die Hoffnungen auf eine baldige Reise von Leo XIV. nach Kiew. Am Rande einer Ukraine-Tagung der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom kommentierte er am Donnerstag entsprechende telefonisch geäußerten Wünsche des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an den Papst mit den Worten: "Das ist noch zu früh. Es gab die Einladung des Präsidenten Selenskyj, und nun wird der Papst abwägen, was zu tun ist. Aber wie kann ich jetzt Ja oder Nein sagen? Und ich glaube, auch der Papst wird an diesem Punkt noch nicht Ja oder Nein sagen."

Pietro Parolin / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Pietro Parolin / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Parolin fügte hinzu, er vermute, dass der Papst seine erste Auslandsreise nach Nizäa (heute Iznik in der Türkei) zum dortigen Konzilsjubiläum machen werde. Vor 1.700 Jahren wurde dort das zentrale christliche Glaubensbekenntnis formuliert. Zugleich betonte er, dass die Vermittlungen des Vatikans für eine Rückkehr von nach Russland verschleppten Kindern weitergehe. Selenskyj wird auch zur Amtseinführung des neuen Papstes Leo XIV. am Sonntag im Vatikan erwartet.

"Antwort auf die Dunkelheit"

Der Kiewer Erzbischof Schewtschuk äußerte sich auch beim Kongress an der Gregoriana-Universität. Er sagte: "Wir dürfen nicht zögern, uns der Lüge entgegenzustellen, denn die Gewalt und der Tod versuchen sich immer wieder durch Diffamierungen und Unwahrheiten zu rechtfertigen. Als Antwort auf die Dunkelheit, die der Feind der Menschheit verbreitet, leuchten wir im Licht er Hoffnung inmitten einer verirrten und verängstigten Menschheit."

Parolin sprach in seinem Vortrag von einer Kontinuität zwischen den Päpsten Franziskus und Leo XIV. Es seien "zwei Päpste, zwei Stimmen, vereint im selben Fühlen, in derselben Leidenschaft des Evangeliums". Beide eine die Suche nach einem Weg der Hoffnung und einem "Weg des Glaubens, der nicht aufgibt angesichts der Logik des Krieges".

Papst Leo XIV. probiert einen traditionellen Schal an, bei der Audienz mit Vertretern der katholischen Ostkirchen / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Leo XIV. probiert einen traditionellen Schal an, bei der Audienz mit Vertretern der katholischen Ostkirchen / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Italienische Medien hatten spekuliert, dass Papst Leo XIV. gegenüber Russland einen entschiedeneren Konfrontationskurs einschlagen werde als sein Vorgänger. Sie verwiesen auf ein drei Jahre altes Videointerview, in dem der damalige Bischof Robert Prevost gesagt hatte: "Aus meiner Sicht handelt es sich um eine wirkliche imperialistische Invasion, in der Russland ein Gebiet aus Machtinteresse erobern will." Prevost fügte damals hinzu: "Man muss das sehr klar sagen, denn einige Politiker wollen den Schrecken dieses Krieges nicht anerkennen und auch nicht das Böse, das Russland in der Ukraine tut."

Robert Francis Prevost (Papst Leo XIV.)

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Robert Francis Prevost gilt als ein Kardinal der Mitte. Obwohl US-Amerikaner ist der Ordensmann in Rom, der Kurie und der Weltkirche zu Hause. Zuletzt leitete der 69-Jährige die Vatikanbehörde für Bischöfe, quasi die Personalabteilung der katholischen Weltkirche. In dieser Funktion war Prevost in den vergangenen zwei Jahren zuständig für einen Großteil der Bischofsernennungen weltweit.

Papst Leo XIV / ©  Andrew Medichini/AP (dpa)
Papst Leo XIV / © Andrew Medichini/AP ( dpa )
Quelle:
KNA