Ukraine-Krieg erinnert Theologin Käßmann an Ersten Weltkrieg

Forderung nach Waffenstillstand

Die Theologin Margot Käßmann fühlt sich durch den Krieg in der Ukraine an Verdun im Ersten Weltkrieg erinnert. Zugleich blickt Käßmann besorgt auf den Einfluss des Krieges auf das Leben und fordert einen Waffenstillstand.

Margot Käßmann / © Harald Oppitz (KNA)
Margot Käßmann / © Harald Oppitz ( KNA )

Bei der Schlacht um Verdun im französischen Nordosten seien 1916 mehr als 300.000 junge Männer sinnlos ums Leben gekommen, sagte Käßmann laut Redemanuskript auf der Kundgebung des Stuttgarter Bündnisses "Stoppt das Töten in der Ukraine" am Sonntag auf dem Stuttgarter Schlossplatz.

Mit Sorge sehe sie "eine beispiellose Militarisierung in Denken, Politik und Sprache", sagte Käßmann. Hinter Begriffen wie Tapferkeit, Heldenmut, und totaler Sieg verbärgen sich Menschen und unermessliches Leid.

Der Tod werde mit "er ist gefallen" umschrieben. "Gefallen? Nein: Getötet! Ermordet! Elendiglich verreckt, Soldaten doch ebenso wie Zivilisten." Wann Schluss sei mit diesem Wahnsinn und eine angemessene Verhandlungsposition erreicht, fragte die Theologin. Bei einer Million Opfern? Nein: "Jetzt, sofort."

Käßmann plädiert für Waffenstillstand

Waffenstillstand heiße nicht Kapitulation, aber durch ihn könne sondiert werden, wie verhandelt werden könne, sagte Käßmann. "Wir wollen nicht, dass noch mehr Waffen in das Kriegsgebiet geliefert werden. Mit diesen Waffenlieferungen, so hat es der Philosoph Jürgen Habermas eindrücklich herausgearbeitet, werden wir mitverantwortlich für all die Toten."

Erst seien Helme geliefert worden, dann "ausschließlich Verteidigungswaffen", dann "keine letalen Waffen", dann Angriffspanzer. Die USA lieferten inzwischen sogar Streumunition. "Wir fordern die Bundesregierung auf, alle Kraft einzusetzen, damit massive internationale diplomatische Kraftanstrengungen zu einem Waffenstillstand und anschließenden Verhandlungen führen."

Das Stuttgarter Bündnis "Stoppt das Töten in der Ukraine" ist ein Zusammenschluss von Einzelpersonen aus Politik, Kirchen, Gewerkschaften, Kunst und Kultur. Zu den Unterstützern zählen die Organisationen "Ohne Rüstung Leben" (Stuttgart) und pax christi (Rottenburg-Stuttgart). Auch der Mainzer Sozialmediziner Gerhard Trabert und der ver.di-Landesbezirksleiter Martin Gross sprachen bei der Veranstaltung.

500 Sakralbauten in der Ukraine infolge der russischen Invasion zerstört

Mindestens 494 Sakralbauten in der Ukraine sind infolge der russischen Invasion in der Ukraine zerstört, beschädigt oder geplündert worden, und die Beschlagnahmung von kirchlichen Gebäuden als Standorte für russische Militärbasen vergrößert nach Berichten des Internationalen Instituts für Religionsfreiheit das Ausmaß der Zerstörung zusätzlich.

Ikone der Muttergottes aus der Region Odessa (Ukraine) im Fuldaer Dom am 26. September 2022 in Fulda. Neben der Ikone hängt eine Fahne der Ukraine und eine Kerze brennt. Eine Flüchtlingsfamilie aus der Ukraine hatte die Ikone mitgebracht / © Harald Oppitz (KNA)
Ikone der Muttergottes aus der Region Odessa (Ukraine) im Fuldaer Dom am 26. September 2022 in Fulda. Neben der Ikone hängt eine Fahne der Ukraine und eine Kerze brennt. Eine Flüchtlingsfamilie aus der Ukraine hatte die Ikone mitgebracht / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
epd