TV-Doku über Lebensmittelimporte in Afrika

Hühner bringen den Hunger

Wenn in Europa Hähnchen auf den Tisch kommen, dann sind es meist Brust oder Schenkel. Die Reste wandern oft in den Export und überschwemmen Afrikas Märkte.

Autor/in:
Monika Herrmann-Schiel
 (DR)

Die WDR-Dokumentation "HühnerWahnsinn: Das eiskalte Geschäft mit Geflügel" zeigt, welche Auswirkungen diese Importe haben. Ein Markt in Ghanas Hauptstadt Accra: Auf Eisblöcken liegen Hühnerteile: Hälse, Rücken, Mägen - all das, was Europas Verbraucher vom Huhn nicht brauchen. Mit großen Messern hacken die Marktfrauen Portionen ab. Umgerechnet 2,70 Euro kostet das Kilo des aus der EU importierten Fleisches. Das Geschäft läuft zwar nicht so gut wie noch vor fünf Jahren, denn die Preise haben angezogen.

Es ist aber viel besser als bei den einheimischen Händlern, die ihre Hühner im eigenen Land groß gezogen haben. Wer diese frisch geschlachteten Tiere erwirbt, bekommt zwar gutes Muskelfleisch, sie sind aber viel teurer und haben deshalb weniger Käufer. Die Folge: Geflügelzüchter und Händler in Accra stehen am Rande des Ruins. "HühnerWahnsinn: Das eiskalte Geschäft mit Geflügel" hat Joachim Vollenschier seinen Film überschrieben, den das WDR-Fernsehen am Montag ausstrahlt.

"Wir beten zu Gott"
Wenn in Europa Hähnchen auf den Tisch kommen, dann sind es meist Brust oder Schenkel. Die Reste wandern oft in den Export und überschwemmen Afrikas Märkte. Vollenschier hat Ende vergangenen Jahres den Weg dieser "billigen" Fleischtransporte nach Ghana und Togo verfolgt und nachgefragt, welche Auswirkungen diese Importe haben. Traditionell sind Hühner die Eiweißlieferanten der Armen. Sie sind genügsam in der Haltung und wegen des geringen Gewichts rasch verzehrt. In Ländern wie Ghana und Togo lebten früher viele Familien von der Geflügelzucht - Bauern ebenso wie Müller, die den Mais zu Futtermittel verarbeiteten, Händler und Wanderarbeiter, die als Schlachter und Rupfer angestellt waren.

Seitdem der gefrorene Abfall aus der EU zu Dumpingpreisen auf die Märkte kommt, lässt sich mit den im eigenen Land gezüchteten Hühnern kaum mehr etwas verdienen. Gegen die Agrarfabriken in der Bretagne, in den Niederlanden und in Niedersachsen haben Afrikas Kleinbauern keine Chance. "Wir beten zu Gott, dass uns geholfen wird, dass keine Hühner mehr aus Europa kommen", sagt Assante, dessen Hof ruiniert ist. Die Chance auf Veränderungen ist aber gering, wie Vollenschier zeigt. Mächtige Interessenvertreter sorgen für die Freiheit des globalen Marktes. Dass die unkontrollierten Lebensmittelimporte zu Arbeitslosigkeit und Hunger führen, ist zweitrangig. Was zählt, ist der Profit.

Empörung und Ratlosigkeit
Vollenschier versuchte auch, mit den großen Geflügelproduzenten in Deutschland ins Gespräch zu kommen. Doch niemand wollte ihm Rede und Antwort stehen. Es habe ihn bei diesem Film am meisten geärgert, dass er nur vor Mauern gelaufen sei, so der Autor. Selbst Firmen, die keine Hühnerreste exportieren, seien nicht bereit gewesen, sich zum Thema zu äußern.

Teile des in "HühnerWahnsinn" verwendeten Filmmaterials waren bereits im deutsch-französischen Kulturkanal Arte unter dem Titel "Hühner für Afrika" zu sehen. Der jetzt neu geschnittene und ergänzte Film fragt noch stärker nach dem Verhalten der Geflügelproduzenten in Niedersachen. "HühnerWahnsinn" erweckt beim Zuschauer Empörung und Ratlosigkeit. Zugleich stellt sich die Frage nach der ethischen Verantwortung der deutschen Verbraucher.

Hinweis: "die story: HühnerWahnsinn: Das eiskalte Geschäft mit Geflügel", Film von Joachim Vollenschier, WDR FS, Mo 15.6., 22.00 -
22.45 Uhr, Wdh. Mi 17.6., 12.00 - 12.45 Uhr