Turiner Grabtuch: Kirchlicher Experte mahnt zu Besonnenheit

Hypothesen auf schwachen Beinen

Im Umgang mit neuen Forschungshypothesen zum "Turiner Grabtuch" hat der zuständige Diözesanbeauftragte zu Besonnenheit gemahnt. Er stehe jüngst formulierten Thesen über Alter und Herkunft sehr skeptisch gegenüber, sagte der Leiter der für das Grabtuch zuständigen Diözesan-Kommission, Giuseppe Ghiberti, der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag".

 (DR)

Zuletzt hatte eine italienische Historikerin erklärt, angeblich auf dem Gewebe befindliche aramäische Schriftzüge seien ein starkes Indiz für eine Herkunft aus dem 1. Jahrhundert und eine Echtheit des Grabtuchs.

Generell stünden alle Hypothesen, die Inschriften auf dem Grabtuch ausmachen wollten, auf schwachen Beinen, sagte Ghiberti der Zeitung. Das Alter des Tuchs und die Art der Entstehung des Abbildes des Gekreuzigten seien bisher einfach nicht zweifelsfrei festgestellt worden. Trotzdem sei das Grabtuch für ihn persönlich überzeugend, meinte Ghiberti. Es sei beeindruckend, wie sogar Einzelheiten der Passion Jesu mit den Details auf dem Tuch übereinstimmten. «Das ist so stark, dass ich den Eindruck habe: Es ist höchstwahrscheinlich, dass eine ganz direkte Beziehung zwischen dem Tod Jesu, seinem Begräbnis und diesem Tuch besteht».

Das legendäre Leinen mit dem Abbild eines Gekreuzigten, das von vielen Gläubigen als das Leichentuch Jesu verehrt wird, soll nach zehn Jahren erstmals wieder im kommenden Frühjahr vom 10. April bis zum 23. Mai öffentlich gezeigt werden. Zu diesem Anlass wird auch ein Besuch von Papst Benedikt XVI. in Turin erwartet. Zu den letzten Ausstellungen der Reliquie in den Jahren 1998 und 2000 kamen jeweils mehrere Millionen Menschen. Das 4,36 Meter lange und 1,10 Meter breite Tuch war 2002 restauriert worden. Um die historische Echtheit gibt es seit Jahrzehnten Auseinandersetzungen.