Türkische Gemeinde verlangt klärende Worte von Friedrich

Unmut vor der Islamkonferenz

Nach dem jüngsten Islam-Streit erwartet die Türkische Gemeinde in Deutschland klärende Worte von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich. Der CSU-Politiker müsse bei der Deutschen Islamkonferenz am Dienstag Stellung beziehen und mögliche Missverständnisse ausräumen, fordert der Bundesvorsitzende der Organisation, Kenan Kolat. Für Friedrich wird Konferenz die zur ersten Bewährungsprobe im neuen Amt.

 (DR)

"Ich hoffe, dass er die goldene Mitte findet", sagte Kolat und betont: "Dann sind wir dabei und machen weiter." Kolat beklagte, Friedrichs Start im neuen Amt sei "unglücklich" gewesen. Der Minister habe mit seinen Äußerungen "auf bestimmte Wählergruppen geschielt". Damit müsse Schluss sein. Friedrich sei nicht mehr CSU-Landesgruppenchef, sondern Bundesinnenminister und damit der gesamten Bevölkerung verpflichtet.



Verärgert äußerte sich Kolat über Friedrichs Andeutungen, er wolle bei der Islamkonferenz auch den Grundstein für eine "Sicherheitspartnerschaft" gegen islamistische Gewalttäter legen. Die eigentliche Debatte darüber will Friedrich allerdings aus der Islamkonferenz auslagern. Kolat sagte, das Thema habe bei der Konferenz nichts zu suchen. Friedrich dürfe die Runde nicht überfrachten und "für andere Zwecke benutzen". Vom Minister erwarte er nun, dass er sich zu beiden Punkten äußere. Die gesamte Bundesregierung müsse ihre Haltung zum Islam klären, forderte Kolat. "Das ständige Hin und Her bringt uns nicht weiter." Nötig sei eine einheitliche Linie. Das sei auch wichtig für die Islamkonferenz.



Innenminister in heikler Mission

Für Friedrich ist der Start als neuer Innenminister nicht gerade einfach. Nur ein paar Stunden nach seinem Amtsantritt handelte sich der CSU-Mann mit Äußerungen zum Islam Ärger ein. Vor ihm liegen große Auseinandersetzungen innerhalb und außerhalb der Koalition - etwa zur Vorratsdatenspeicherung oder zur Polizeireform. Ohnehin hat Friedrich ein Ressort erwischt, dessen Themenliste nahezu endlos ist. Nun muss er seine erste größere Aufgabe meistern: die neue Runde der Deutschen Islamkonferenz. Nach dem Islam-Streit ist das kein leichtes Unterfangen.--
--
Besonders wild war Friedrich nicht auf das Innenressort. Die CSU musste ihren Berliner Landesgruppenchef ein wenig in das neue Amt schubsen. Inzwischen hat sich der 54-Jährige mit der neuen Situation arrangiert. Erschlagen fühlt er sich trotzdem von den vielen Themen, die er nun zu beackern hat: Von der inneren Sicherheit, Terrorismus und Polizei über Datenschutz, Kirche, Integration bis zum Sport. Und auch an die Gepflogenheiten im Ministerium muss sich Friedrich erst gewöhnen. Die Zeiten des gemütlichen weiß-blauen Stammtisches in der Landesgruppe sind vorbei. --
--
Muslimen vor den Kopf gestoßen--
Friedrich ist ein Mann der ruhigen, freundlichen Worte. Er ist keiner der lauten Polterer in der CSU. Konflikte scheut er trotzdem nicht, er ist zäh und hartnäckig. Eine Kostprobe gab Friedrich kurz nach seiner Ernennung. Gleich am ersten Tag als Minister musste er sich von der Hauptstadtpresse löchern lassen. Mehrere Themen mit koalitionsinternem Konfliktpotenzial umschiffte er dezent, nicht aber das Thema Islam. So wiederholte er seine Zweifel an den Äußerungen von Bundespräsident Christian Wulff, wonach der Islam inzwischen zu Deutschland gehöre. Historisch lasse sich das nirgends belegen, sagte Friedrich - und stieß damit viele Muslime in Deutschland vor den Kopf. --
--
In den Tagen darauf prasselte massenhaft Kritik auf Friedrich ein. Der CSU-Mann bemühte sich um versöhnliche Worte, bot den Muslimen in Deutschland einen intensiven Dialog an und ließ öffentlichkeitswirksam wissen, er habe selbst eine türkische Schwägerin und sicher keine Berührungsängste mit dem Islam. Der Hurra-Effekt bei den Muslimen blieb aus. --
--
Ein "unglücklicher" Start --
Einige muslimische Verbände sind nun skeptisch und gehen mit gemischten Gefühlen in die nächste Runde der Islam Konferenz. Friedrichs Einstand sei unglücklich gewesen, heißt es bei ihnen diplomatisch. Friedrichs Vorvorgänger und Unions-Kollege Wolfgang Schäuble, der die Islamkonferenz 2006 ins Leben gerufen hatte, meldete sich zuletzt mahnend zu Wort. Der Islam sei sehr wohl "Teil unseres Landes", sagte Schäuble in einem Interview und warnte vor einer Ausgrenzung der in Deutschland lebenden Muslime. --
--
Der neue Innenminister wird nun Fingerspitzengefühl beweisen müssen bei der Islamkonferenz. Zuzutrauen ist ihm das. Friedrich hat keine Hau-drauf-Attitüde, ist umsichtig und höflich, aber bestimmt. Als CSU-Landesgruppenchef hat er einige Auseinandersetzungen auch mit der eigenen Parteispitze in Bayern ausgetragen - standhaft, unnachgiebig, aber ohne große Zerwürfnisse. Dies Vermittlungsgeschick wird er auch noch bei anderen Themen brauchen können. Die Liste der Baustellen im Innenressort ist lang.



Die Deutsche Islamkonferenz wurde 2006 ins Leben gerufen, um den Dialog zwischen Staat und Muslimen zu verbessern. Kolat hatte seit Beginn als Einzelperson mit am Tisch gesessen. In diesem Jahr ist die Türkische Gemeinde in Deutschland erstmals als Organisation in der Runde vertreten.

Mehr zum Thema