Tschechien unterstützt deutsche Bemühungen - Hänsch: Reformgegner sollten Staatenunion verlassen

Merkel wirbt für neuen EU-Vertrag

Nach der Verabschiedung der "Berliner Erklärung" auf dem EU-Gipfel in Berlin hat Bundeskanzlerin Angela Merkel vor dem Scheitern einer neuen Vertragsgrundlage für die Staatengemeinschaft gewarnt. "Das wäre schon eine sehr ernste Situation", sagte Merkel am Sonntagabend. Der EU-Gipfel hatte beschlossen, die Gemeinschaft bis 2009 auf eine erneuerte Grundlage zu stellen.

 (DR)


"Harte Wochen" für die Verantwortlichen in der EU
Nach Ansicht der Vizepräsidentin der EU-Kommission, Margot Wallström, sollte ein reformierte EU-Vertrag nicht mehr Verfassung heißen. Der Ex-Präsident des Europaparlaments, Klaus Hänsch, forderte die Gegner einer neuen Verfassungsgrundlage derweil auf, die EU zu verlassen.

Merkel betonte, nach der Unterzeichnung der "Berliner Erklärung" zum 50. Gründungstag der Gemeinschaft stünden "harte Wochen" vor den Verantwortlichen in der EU. Die Erarbeitung einer neuen Grundlage werde "viel Nervenkraft" von allen erfordern.

Die Kanzlerin machte erneut deutlich, was das Fehlen einer vertraglichen Grundlage für die EU bedeuten würde. Man könnte dann zum Beispiel Kroatien nicht aufnehmen und nicht sagen, wie viele Kommissare die nächste EU-Kommission haben werde. Zudem könnte die EU keine gemeinsame Energiepolitik betreiben und in Fragen der Sicherheit und der Terrorismusbekämpfung keine Mehrheitsentscheidungen treffen.

"Einfacher, kürzer und lesbarer sein"
Zur Lösung der Krise um die europäische Verfassung forderte Wallström, der neue Vertrag müsse die Interessen der Menschen in Europa stärker berücksichtigt. Unmittelbar nach der Verabschiedung der "Berliner Erklärung" sagte sie: "Die Europäische Union braucht einen neuen Vertrag. Er muss einfacher, kürzer und lesbarer sein."

Konkret schlug Wallström vor, den künftigen europäischen Vertrag durch neue Artikel zum Klimawandel und zur Energiesicherheit zu ergänzen. "Außerdem muss der Vertrag allen Bürgern das Grundrecht einräumen, über die Angelegenheiten der Union umfassend informiert zu werden."

Der frühere EU-Parlamentspräsident Hänsch sagte, jene Mitgliedstaaten, die die EU nicht auf eine erneuerte Grundlage stellen wollten, müssten sich überlegen, ob sie nicht austreten wollen. So müsste die britische Regierung vor einem Referendum den Bürgern klar machen, dass es dabei nicht nur um einen Vertragstext gehe, sondern um die Frage, ob Großbritannien "drinnen oder draußen" sei. Wenn es keine Einigung über den Vertrag gibt, werde sich diese Frage stellen, sagte der Sozialdemokrat.

Slowakische Regierung unterstützt deutsche Bemühungen
Die slowakische Regierung unterstützt die deutsche EU-Ratspräsidentschaft bei ihrem Vorhaben, so bald wie möglich einen neuen Entwurf für die EU-Verfassung auf den Weg zu bringen. "Ich hoffe, dass wir im Juni einen Fahrplan für das sensible Thema der EU-Verfassung verabschieden werden", sagte der slowakische Ministerpräsident Robert Fico. "Und ich hoffe auch, dass wir schon 2008 in der Lage sein werden, den Parlamenten einen kürzeren Verfassungstext zur Ratifizierung vorzulegen."

Es gebe "eine Menge Probleme in der EU, die schnell gelöst werden müssen", betonte Fico. "Wir unterstützen daher die Idee der deutschen Präsidentschaft, die Lösung dieser Probleme nicht auf die lange Bank zu schieben."