Trend zu deutschsprachigen Songs bei Trauerfeiern geht weiter

Unsterbliche Lieder

Sinatra statt Mozart und Bach: Bei immer mehr Trauerfeiern erklingen statt religiöser Lieder moderne Popsongs. In diesem Jahr setzt sich der Trend zu deutschsprachiger Musik fort. In den Top Ten sind aber auch klassische Stücke zu finden.

Autor/in:
Christoph Arens
Kerzenschein taucht die Kirchen in besonderes Licht / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Kerzenschein taucht die Kirchen in besonderes Licht / © Elisabeth Schomaker ( KNA )

"Näher, mein Gott, zu dir" sollen die todgeweihten Musiker der Kapelle auf der "Titanic" gespielt haben - bis die kalten Wogen über ihnen zusammenschlugen. Für viele Angehörige, die heute eine Trauerfeier vorbereiten, wäre das wohl zu fromm. Bei der Liederauswahl spielen Popsongs eine immer größere Rolle. Mancher Pfarrer tut sich schwer damit.

Von einer "Hitliste" und von "Trauerhits" ist die Rede, wenn das Internetportal bestattungen.de zu Jahresbeginn eine Rangfolge der beliebtesten Beerdigungsmusik vorstellt. "Highway to Hell" von AC/DC ist darin ebenso wenig vertreten wie "Stairway to Heaven" von Led Zeppelin oder "Spiel mir das Lied vom Tod" aus dem gleichnamigen Western.

Trend zum deutschsprachigen Hit

In diesem Jahr, so das Internetportal, das nach eigenen Angaben einige Hundert Bestatter und Angehörige befragt, geht der Trend erneut zum deutschsprachigen Hit. "Time to say goodbye" von Sarah Brightman ist auf Rang zwei gerutscht. Auf Platz eins schaffte es das im steirischen Dialekt gesungene "Amoi seg' ma uns wieder" von Andreas Gabalier. Die Ballade formuliert den Wunsch, den geliebten Menschen nicht für immer verloren zu haben. Gabalier erlitt durch den Suizid seines Vaters und seiner Schwester schwere Schicksalsschläge.

Zu den deutschsprachigen Liedern unter den Top Ten gehören auch Sarah Connors "Das Leben ist schön", das von Platz vier auf Rang sieben rutschte. Neu sind "So wie Du warst" von Unheilig (Rang drei) sowie "Die Rose" von Helene Fischer, das es ebenfalls erstmals in die Top Ten schaffte und auf Platz zehn kam. Außergewöhnlich dabei: Connor thematisiert in ihrem ersten deutschsprachigen Hit ihre eigene Trauerfeier. "Ich will keine Trauerreden, ich will keine Tränen sehen", heißt es. "Ich will, dass ihr feiert, ich will, dass ihr tanzt." Aus den Top Ten herausgerutscht ist Herbert Grönemeyer mit "Der Weg" und der Zeile "Ich trage dich bei mir / Bis der Vorhang fällt".

Klassik-Stücke in den Top Ten

Zwei Klassik-Stücke finden sich erneut in den Top Ten: Das "Ave Maria" von Franz Schubert belegt Rang vier nach Rang zwei im vergangenen Jahr. Und Johann Sebastian Bachs "Air", das sich um einen Platz auf Rang neun verbesserte. Auch der Rest ist fast schon klassisch: Frank Sinatras "My Way" (5), "Only Time" (6) der irischen Musikerin Enya und Elton John mit "Candle In The Wind" (8). Nicht mehr unter den Top Ten ist auch "I Will Always Love You" von Whitney Houston.

Besonders beliebt seien Songs, die sich direkt auf den vermissten Menschen bezögen, sagte bestattungen.de-Geschäftsführer Fabian Schaaf-Mehta. Angehörige wollten Trauerfeiern zunehmend individuell gestalten - sowohl mit Blick auf Musik und Texte als auch auf die Auswahl der Särge und Urnen.

Bestattungen.de bezieht sich mit seiner Umfrage insbesondere auf Trauerfeiern, die von den Bestattern selber gestaltet werden. Doch auch bei kirchlichen Beerdigungen gibt es einen Trend zu immer individuellerer Gestaltung, wie Wolfgang Bretschneider, Präsident des Allgemeinen Cäcilienverbandes, des Dachverbands für katholische Kirchenchöre und Kirchenmusiker, sagt.

"Beerdigungen sind für die Menschen da"

Für manchen Pfarrer eine schwierige Gratwanderung: Insbesondere, wenn Angehörige sich bei ihren musikalischen Vorstellungen auf Wünsche des Verstorbenen berufen, sind die Erwartungen hoch. Allerdings stimmt so mancher Popsong nicht gerade mit religiösen Vorstellungen von Tod und Auferstehung überein.

Bretschneider empfiehlt den Kompromiss: Einerseits sollten die Kirchen ihre eigenen Glaubensvorstellungen nicht verraten. Es gebe gute religiöse Lieder, die sich mit den Fragen und Nöten des modernen Menschen auseinandersetzten, sagt er und verweist auf Lieder des niederländischen Dichters Huub Oosterhuis.

Andererseits sollten die Wünsche der Trauernden ernst genommen werden, rät der Hochschullehrer für Musik- und Liturgiewissenschaft. "Beerdigungen sind für die Menschen da." Pfarrer sollten sich deshalb mit den Texten der gewünschten Lieder auseinandersetzen und sie in ihre Predigten einbauen. "Einfach die eigenen Vorstellungen durchsetzen, das funktioniert nicht mehr."


Quelle:
KNA