Ehrenamtliche begleiten kirchliche Bestattungen

Begräbnis ohne Pfarrer

Was früher undenkbar schien, gibt es inzwischen sowohl in der evangelischen wie auch der katholischen Kirche: Ehrenamtliche, die beerdigen. Nicht alle sind davon begeistert.

Autor/in:
Barbara Driessen
Eine Amsel auf einem Grab / © Harald Oppitz (KNA)
Eine Amsel auf einem Grab / © Harald Oppitz ( KNA )

Margarete D. (71) engagiert sich seit Jahrzehnten in ihrer katholischen Pfarrgemeinde mitten im Ruhrgebiet. Sie hilft im Gemeindebüro, ist im Pfarrgemeinderat, gestaltet den Pfarrbrief, organisiert Wallfahrten und die Pfarrfeste. Doch als ihr Pfarrer sie eines Tages fragt, ob sie sich denn auch vorstellen könne, Bestattungen durchzuführen, lehnt sie ohne Zögern ab: "Ich finde, Bestattungen sind wie Hochzeiten und Taufen der Kernbestand der Kirche. Das muss ein Priester machen."

Doch auch diese Bastion ist gefallen. Mancherorts ist ein Geistlicher auch beim letzten Gang nicht mehr dabei. Gerade der älteren Generation der Gläubigen fällt es schwer, dies zu akzeptieren. Das führt mitunter zu Reaktionen wie: "Haben wir dafür Jahrzehnte lang Kirchensteuer bezahlt? Ein Armutszeugnis!"

"Es bleibt ein Dienst der Kirche", beruhigt da Eva-Maria Will, Referentin für Trauerpastoral und Bestattungskultur im Erzbistum Köln. "Unsere Bestattungsbeauftragten stehen im Dienst der Kirche, sie tragen ein liturgisches Gewand und sollen sich so schon rein optisch von freien Trauerrednern unterscheiden, insbesondere aber durch die Botschaft von der Auferstehung."

Wer einen Pfarrer will, bekommt ihn auch

Wenn sich die Angehörigen eines Verstorbenen einen Priester oder Diakon für die Beerdigung wünschten, werde diesem Wunsch auch weiterhin entsprochen, betont Will. "Angehörige sagen dies oft schon beim ersten Gespräch im Pfarrbüro. Und dann geht das natürlich auch." Den meisten Menschen gehe es jedoch vor allem um eine würdige Bestattung, die sie qualitativ anspreche. "Dann ist es zweitrangig, ob ein Pfarrer oder ein Ehrenamtlicher sie durchführt."

Im Erzbistum Köln sind nun zum allerersten Mal insgesamt neun ehrenamtliche Frauen und Männer zu sogenannten Bestattungsbeauftragten ernannt worden. "Sie müssen über die Gabe verfügen, auf Menschen zugehen und ihnen einfühlsam begegnen zu können", sagte der Kölner Erzbischof, Kardinal Rainer Maria Woelki, bei der Überreichung der Urkunden während eines Gottesdienstes im Juni.

Die Ehrenamtlichen, die in ihren Pfarrgemeinden oft bereits mit dem Thema Trauer befasst sind oder beruflich damit zu tun haben, hatten zuvor einen mehrmonatigen Kompaktkurs absolviert. In dem Kurs ging es um Fragen wie: Welche Erfahrungen habe ich selbst mit Trauer gemacht? Wie sieht es im Bestattungs- und Kirchenrecht aus? Wie führt man ein Trauergespräch, wie ist eine Trauerandacht aufgebaut? "Die Ausbildung gibt praktische Anleitung, ist aber auch sehr von der Theologie der Vollendung des Lebens und geistlichen Elementen geprägt", sagt Will, die den Kurs zusammengestellt und geleitet hat. Weitere Kurse sollen bald folgen.

Andere Bistümer haben bereits Erfahrung

Das Erzbistum Köln ist hier keineswegs Vorreiter in Deutschland. "In Aachen gibt es das schon seit 20 Jahren, in Freiburg seit etwa zehn Jahren", sagt Will. Auch in den Bistümern Würzburg, Paderborn und Essen seien Ehrenamtliche mit Bestattungen beauftragt. "Münster fängt im Herbst an, und Trier und Limburg diskutieren es." Das Bestattungswesen in Deutschland habe sich gewandelt, viele Menschen suchten nach Alternativen. "Deswegen gibt es auch in den Bistümern eine neue Offenheit bei diesem Thema."

"In Zukunft werden da alle drüber nachdenken müssen", sagt auch Landespfarrerin Bärbel Krah von der Evangelischen Kirche im Rheinland. "Es gibt einen großen Pfarrermangel, von dem alle betroffen sind. Die Not und die Verzweiflung sind groß." In der rheinischen Kirche ist geplant, die Anzahl der Pfarrstellen bis zum Jahr 2030 - von derzeit 1.980 - auf 1.000 zu reduzieren. Schon allein deshalb komme den ehrenamtlichen Predigern, die in der Evangelischen Kirche meistens "Prädikanten" heißen, eine hohe Bedeutung zu.

Bereits seit 1944 gibt es im Rheinland Prädikanten, mittlerweile sind es 650. Und anders als in der katholischen Kirche dürfen sie auch Trauungen und Taufen vornehmen. Zwei Jahre lang werden sie intensiv für den Predigtdienst ausgebildet. Vom Gabelstaplerfahrer bis hin zum promovierten Theologen sei alles dabei, sagt Krah, die die Arbeitsstelle Prädikanten der rheinischen Kirche in Wuppertal leitet. Neben der Evangelischen Kirche im Rheinland bildet auch die Kirche der Pfalz Prädikanten aus, auch in der Landeskirche Anhalts gibt es ordinierte Prädikanten.

Draht zu Trauernden aufbauen

Ekkehard Rüger (51) aus Burscheid ist Prädikant. Vor Beerdigungen habe er zunächst am meisten Angst gehabt, sagt der Zeitungsredakteur. Vor seiner ersten habe er sogar "Blut und Wasser geschwitzt". Jetzt findet er allerdings, dass das sogar "die beglückendsten Erfahrungen in diesem Amt" sind: "Es fühlt sich gut an, Menschen durch den Abschied zu begleiten. Da wird man als Seelsorger richtig gebraucht." Entscheidend sei es, zu den Trauernden einen Draht aufzubauen. "Das gelingt einem Pfarrer auch nicht immer."


Kreuz auf dem Friedhof / © Sebastian Gollnow (dpa)
Kreuz auf dem Friedhof / © Sebastian Gollnow ( dpa )
Quelle:
epd