Traditionelles Liborifest als Mischung aus Kirche und Kirmes

Zwischen Weihrauch und gebrannten Mandeln

"Wenn sich der Duft von Weihrauch mit dem gebrannter Mandeln am Paradiesportal des Paderborner Doms mischt, dann ist Libori." Dieses Zitat, das einem ehemaligen Bürgermeister zugeschrieben wird, beschreibt sehr genau die bundesweit einzigartige Mischung aus Kirche und Kirmes. Jetzt ist es wieder soweit: Seit Samstag feiern Erzbistum und Stadt Paderborn ihren Patron, den heiligen Liborius. Der war im 4. Jahrhundert Bischof im französischen Le Mans. Und das ist beinahe schon alles, was man wirklich über ihn weiß. Im Jahr 836 holten die Paderborner seine Gebeine in ihr noch junges Bistum und hofften damit, den Glauben im heidnischen Sachsenland zu stärken.

Autor/in:
Claudia Auffenberg
Am Sonntag: Hochamt im Dom mit Erzbischof Becker  (epd)
Am Sonntag: Hochamt im Dom mit Erzbischof Becker / ( epd )

Und das hat offenbar funktioniert, glaubt der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker. Bis heute werde beim Liborifest ganz selbstverständlich praktiziert, worauf es in der Glaubensweitergabe ankomme, schreibt er in seinem Grußwort: «Eltern oder auch Großeltern führen ihre Kinder in den Glauben ein und lassen sie an der eigenen Glaubenserfahrung teilnehmen.» Das Leitwort der kirchlichen Feiern in diesem Jahr lautet denn auch: «Wenn dein Kind dich morgen fragt..» Und einem himmlischen Regieeinfall gleich schwebt beim sonntäglichen Festgottesdienst kurz nach der Wandlung ein blauer Luftballon über dem Altar.

In seiner Predigt ruft Becker dazu auf, intensiver über die Frage nachzudenken, was am Glauben wertvoll sei. «Was liegt mir so sehr am Herzen, dass ich es unmöglich für mich behalten kann?» Mehrfach zitiert er den französischen Theologen Yves Congar: «Christentum ist nicht etwas was man annimmt, sondern jemand, dem man begegnet.»

Eröffnet wird das Liborifest traditionell am Samstag mit der Erhebung der Reliquien des Heiligen. Während des Jahres ruhen sie im Altar der Domkrypta. Zu Libori werden sie alljährlich umgebettet in einen reich verzierten, goldenen Schrein, der dann in einer kleinen Prozession durch den überfüllten Dom zum Hochchor getragen wird.

Wer den Schrein nicht sehen kann, der hört ihn gewissermaßen. Und das ist für viele Besucher mindestens genauso ergreifend. Dreimal nämlich hält die Prozession an, und die Orgel macht mit kraftvollen Akkorden eine Art akustische Vollbremsung. Dann folgt der eindrucksvolle Liboritusch - von 40 Blechbläsern, die nur für diesen Tag zusammenkommen.

Am Sonntag wird der Schrein dann durch die Paderborner Innenstadt getragen, am Rathaus erteilt diesmal Weihbischof Hubert Berenbrinker der Stadt den Segen. Auch diese Prozession ist ein Schauspiel, das irgendwie aus der Zeit gefallen scheint, das aber niemand missen möchte.

Zum Glück hält sich das Wetter an die Vorhersage und die Sonne scheint. Einmal allerdings darf sich das in den nächsten Tagen auch ändern: Denn - auch das eine alte Paderborner Libori-Weisheit - «einmal muss es in die Pötte regnen». Die Pötte, damit ist der Pottmarkt rund um den Dom gemeint. In allerlei Buden werden hier Bratpfannen, Gewürze und Wundersalben angeboten. Straßenkünstler treten auf, und jede einigermaßen ebene Fläche in der Innenstadt, auf der eine Bierzeltgarnitur Platz hat, ist in diesen Tagen ein Libori-Treffpunkt.

Bis zum kommenden Sonntag noch ist Paderborn in diesem fröhlich-katholischen Ausnahmezustand. Dann endet das Fest mit einem Feuerwerk - und mit ihm auch der Paderborner Sommer. Jedenfalls, wenn man einer weiteren Libori-Weisheit glaubt: Danach werden ab Anfang August die Tage wieder kürzer, weil die Libori-Leute das Licht mitnehmen.