Theologin warnt vor Hass in sozialen Netzwerken

Menschenwürde in Gefahr

Die evangelische Theologin Margot Käßmann warnt vor einem zerstörerischen Hass in den sozialen Netzwerken. Nach dem Tod der österreichischen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr fordert Käßmann mehr Konsequenzen für Hass im Netz.

Margot Käßmann / © Patrick Seeger (dpa)
Margot Käßmann / © Patrick Seeger ( dpa )

Hilfe bei Suizidgedanken

Wenn Sie daran denken, sich das Leben zu nehmen, versuchen Sie, mit anderen Menschen darüber zu sprechen. Es gibt eine Vielzahl von Hilfsangeboten, bei denen Sie – auch anonym – mit anderen Menschen über Ihre Gedanken sprechen können.

Das geht telefonisch, im Chat, per Mail oder persönlich.

Die Angebote der Telefonseelsorge haben sich immer weiter spezialisiert / © Markus Scholz (dpa)
Die Angebote der Telefonseelsorge haben sich immer weiter spezialisiert / © Markus Scholz ( dpa )

"Da verlieren Menschen jede Form von Respekt vor der Würde des anderen. Sie wird nicht nur angetastet, sie wird infrage gestellt, mit Füßen getreten, ja ausradiert", schreibt die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in der Berliner Wochenzeitung "Die Kirche" (Ausgabe 14. August): "Menschen mögen in Sachen Impfung verschiedener Meinung sein. Aber das berechtigt in keinster Weise zu derartigen Anfeindungen." 

Ernstzunehmendes Problem

Hintergrund ist der Fall der österreichischen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr, die Ende Juli tot in ihrer Praxis aufgefunden wurde. Laut dem vorläufigen Obduktionsergebnis beging sie Suizid. Die 36-Jährige war öffentlich sehr deutlich für das Impfen gegen Corona eingetreten und erhielt dafür massiven Anfeindungen und Bedrohungen.

Der Tod von Kellermayr sei eine "entsetzlich traurige, erschütternde Geschichte", schreibt Käßmann. Und sie zeige, dass Polizeibehörden, Gerichte, Staatsanwaltschaften solche Vorgänge noch immer nicht ernst genug nehmen. Es gehe nicht um "Kavaliersdelikte" oder "nur" schriftliche Äußerungen. "Gegen derartige Bedrohungen muss viel entschiedener vorgegangen werden", forderte die Theologin. 

Suizid einer österreichischen Ärztin entfacht Debatte um Hass im Netz

Bei manchen Menschen fließen Tränen. Die allermeisten halten still ihr leuchtendes Smartphone oder eine Kerze in die Höhe. Die Betroffenheit der Menge ist greifbar. Einige Tausend Menschen versammelten sich am Montagabend für das Lichtermeer vor dem Wiener Stephansdom, um der Ärztin Lisa-Maria Kellermayr zu gedenken. Die Medizinerin aus Seewalchen am Attersee in Österreich hatte sich im Kampf gegen Corona engagiert und war im Internet zum Hass-Objekt der Impfgegner geworden. Daran - das legen von Medien veröffentlichte Abschiedsbriefe nahe - ist sie zerbrochen.

Tausende kamen zum Stephansdom / © Georg Hochmuth (dpa)
Tausende kamen zum Stephansdom / © Georg Hochmuth ( dpa )

 

Quelle:
epd
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