Theologin Rahner fordert soziales Engagement von Kirchen

"Glaube ist Handeln"

Johanna Rahner sieht die Zukunft der Kirche im sozialen Handeln. Statt zu warten, müsse Kirche dahin gehen, wo Not sei. Trotz des zunehmenden Misstrauens gegenüber der Institution Kirche, werde das soziale Engagement hoch geschätzt.

Johanna Rahner / © Fabian Mondl (KNA)
Johanna Rahner / © Fabian Mondl ( KNA )

Die Tübinger Theologin Johanna Rahner hat sich für ein entschlossenes gesellschaftliches Engagement der Kirchen ausgesprochen. In der aktuellen Sendung "Alpha & Omega" von "Kirche im Privatfernsehen" sagte Rahner, Glaube sei "nicht nur Transzendenzbezug", sondern zeige sich im konkreten Handeln. Das Heil beginne "jetzt und hier" und nicht erst im Jenseits.

Die christliche Botschaft enthalte eine "Grundintuition", die von der Menschenwürde und der Gleichheit aller ausgehe, so Rahner. Themen wie Solidarität, soziale Gerechtigkeit oder Klimagerechtigkeit seien daher Kernthemen des Christentums. Die Kirche dürfe nicht abwarten, "bis die Leute kommen», sondern müsse "dahin gehen, wo Not am Mann, an der Frau ist".

Theologin fordert Perspektivwechsel

Rahner plädierte für einen Perspektivwechsel: Statt sich im Zuge des gesellschaftlichen Wandels in Kirchengebäude zurückzuziehen, müsse Kirche aktiv werden. Das habe Papst Franziskus mit dem Bild einer "verbeulten Kirche" gefordert. Die klassischen kirchlichen Institutionen stießen zwar zunehmend auf Misstrauen, das soziale Engagement etwa von Caritas oder Diakonie werde hingegen hoch geschätzt.

Viele Menschen wüssten, dass dieses Engagement mit der Kirche zu tun habe und lehnten die Institution trotzdem weiter ab, doch zeigten sie Anerkennung für ihre sozialen Bemühungen. Erfolgreiches kirchliches Handeln müsse deshalb erfahrbar sein, so die Theologin. Etwa durch Schülerhilfen in Brennpunktvierteln oder Hilfsangebote für Migrantinnen, Jugendliche oder obdachlose Menschen.

Bei Papst Leo XIV. sieht Rahner eine bewusste Anknüpfung an den Vater der katholischen Soziallehre, Leo XIII. "Glaube ist Handeln", betonte sie, "und zwar auch gesellschaftspolitisch relevantes Handeln". Der neue Papst setze mit seiner Namenswahl eine klare sozialpolitische Akzentuierung und mache deutlich, dass sein Name Programm sei.

Johanna Rahner

Johanna Rahner, geboren am 21. Dezember 1962 in Baden-Baden, ist seit 2014 Professorin für Dogmatik, Dogmengeschichte und Ökumenische Theologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen. Sie ist auch Direktorin des Instituts für Ökumenische und Interreligiöse Forschung an der Tübingen Universität. Die Theologin veröffentichte zahlreiche Beiträge und Bücher zu ekklesiologischen, sakramententheologischen und ökumenischen Fragestellungen.

Johanna Rahner, Professorin für Dogmatik, Dogmengeschichte und Ökumenische Theologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen / © Fabian Mondl (KNA)
Johanna Rahner, Professorin für Dogmatik, Dogmengeschichte und Ökumenische Theologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen / © Fabian Mondl ( KNA )
Quelle:
KNA