Theologin fordert Stopp religiös begründeter Diskriminierung

Entschieden Einspruch erheben

Die Diskriminierung von Frauen und queeren Menschen in der katholischen Kirche muss nach Ansicht der Erfurter Theologin Julia Knop noch stärker benannt und kritisch hinterfragt werden. Es gehe um Gerechtigkeit, Respekt und Würde.

Julia Knop / © Julia Steinbrecht (KNA)
Julia Knop / © Julia Steinbrecht ( KNA )

"Theologie kann zeigen, welche Funktion geschlechtsbezogene Diskriminierung im Lehrsystem der Kirche hat: für die Anthropologie, die Sexualethik, aber sehr deutlich auch für die Theologie des Amtes und die kirchliche Machtordnung im Ganzen", sagte die Dogmatik-Professorin am Dienstag beim Patronatsfest "Albertus Magnus" der Katholischen Fakultät der Universität Erfurt.

"Queer" ist ein Sammelbegriff für sexuelle Minderheiten, unter denen Homosexuelle die größte Gruppe sind.

Entschieden Einspruch erheben

Katholische Frauenverachtung und -feindlichkeit sei keine Meinungsfrage, "sie ist ein Ärgernis und muss als solches benannt werden", betonte Knop. Sie räumte ein, dass die katholische Kirche nicht leugne, dass in ihrer Lehre und Praxis Ungleichbehandlung, also Diskriminierung, aufgrund des Geschlechts, der sexuellen Identität und Orientierung stattfinde.

Julia Knop / © Julia Steinbrecht (KNA)
Julia Knop / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Die Kirche weise aber zurück, dass dies ungerecht sei und eine Benachteiligung bedeute. "Im Gegenteil sei sie aus religiösen Gründen geboten und nebenbei durch den Rekurs auf die eigene Religionsfreiheit gedeckt. Indem sie die Geschlechter ungleich behandle, folge die Kirche dem Plan Gottes für Männer und Frauen", referierte Knop.

Es sei Aufgabe von Theologinnen und Theologen, gegen eine solche religiös begründete Diskriminierung entschieden Einspruch zu erheben, forderte Knop. Sie kritisierte, Forderungen nach Geschlechtergerechtigkeit würden teils als Extrempositionen diffamiert: "Oder man reklamiert Meinungsvielfalt: Es gebe halt in Geschlechterfragen verschiedene Positionen, die man tolerieren und nebeneinander stehenlassen müsse. Das verharmlost nicht nur den ambitionierten eigenen Wahrheitsanspruch. Das verharmlost vor allem die gravierenden Folgen, die diejenigen tragen, die kirchliche Diskriminierung erleiden."

Tradition gibt es nicht im Singular

Fakultäts-Dekan Jörg Seiler erinnerte an die Lehre des Konzils von Trient (1545-1563), dass es Tradition nicht im Singular gebe. Es habe damit ein "feines Gespür" für die Komplexität von Traditionen bewiesen. "Tradition beschreibt nicht nur Inhalte, sie ist ein Prozess, ein Voranschreiten, ein Sich-Räume-Erschließen, die zuvor nicht der eigenen Tradition gegeben waren", erklärte der Historiker. "Tradition ist kein Paket, das man weitergibt."

Der Verwaltungschef des Bistums Erfurt, Generalvikar Raimund Beck, verwies darauf, dass es dem Theologen Albertus Magnus (um 1200-1280) ein großes Anliegen gewesen sei, mit den Menschen seiner Zeit in Dialog über ihre Sorgen und Anliegen zu treten. "Und so nehme ich auch unsere Fakultät wahr. Dafür bin ich sehr dankbar", so Beck.

"Hier ist der Mut da, die Dinge beim Namen zu nennen. Solch ein Klima der Offenheit ist nicht überall und nicht selbstverständlich."

Katholische Verbände solidarisieren sich mit katholischer queerer Initiative

Rund 20 katholische Verbände und Organisationen solidarisieren sich mit queeren Katholikinnen und Katholiken. "Es darf nicht länger hingenommen werden, dass Menschen in kirchlichen Kontexten aus Angst gegenüber Kirchenvertreter*innen ein Schattendasein führen müssen, wenn sie nicht dem von der Kirche normierten Geschlechterbild entsprechen", heißt es in einer am Montag veröffentlichten gemeinsamen Erklärung. Anlass sind Äußerungen der Betroffenen zu ihrer Sexualität beziehungsweise ihrer Geschlechteridentität im Rahmen einer bundesweiten Kampagne.

Homosexuelles Paar mit Armbändern in Regenbogenfarben / © chayanuphol (shutterstock)
Homosexuelles Paar mit Armbändern in Regenbogenfarben / © chayanuphol ( shutterstock )
Quelle:
KNA