Das sagte Graf der "Süddeutschen Zeitung". "Da wird der einstige Generalvikar Gerhard Gruber zitiert mit dem Satz: 'Wir wissen ja, dass dieser Richter gut katholisch ist'." Dies bedeute im Klartext: "Der wird für uns milieukonform entscheiden." Das sei "ein Hammer", so Graf.
Die "Wagenburg-Mentalität" stellt sich dem Theologen so dar: "Draußen ist die böse Welt. Und wir sind die Guten. Wenn wir merken, dass es auch bei uns nicht so gut ist, dann wollen wir nicht, dass die böse Welt davon Kenntnis nimmt."
Selbstaufklärung hat nicht funktioniert
Der Staat trage eine Mitverantwortung für diese Haltung, denn er habe "sein eigenes Recht nicht ernst genommen", so Graf. "Es ist eben nicht nur in der Kirche viel vertuscht worden, es haben auch manche Staatsanwälte nicht genau hingeschaut."
Die Selbstaufklärung der katholischen Kirche habe "offenkundig nicht funktioniert", konstatierte der Theologe. "Wir reden in Bayern derzeit nur über eine einzige Diözese." Der Staat müsse deshalb aktiver werden. Und: "Es muss mehr gesellschaftlicher Druck entstehen."
Graf (73) lehrte bis 2014 als Professor für systematische Theologie und Ethik an der Ludwig-Maximilians-Universität München.