Theologe sieht Wagenburg-Mentalität in katholischem Klerus

Das ist "ein Hammer"

Der evangelische Theologe Friedrich Wilhelm Graf hat Teilen des katholischen Klerus eine "Wagenburg-Mentalität" attestiert. Im Missbrauchs-Gutachten für das Erzbistum München und Freising hat ihn eine Stelle besonders irritierent.

Deutsche Bischöfe (dpa)
Deutsche Bischöfe / ( dpa )

Das sagte Graf der "Süddeutschen Zeitung". "Da wird der einstige Generalvikar Gerhard Gruber zitiert mit dem Satz: 'Wir wissen ja, dass dieser Richter gut katholisch ist'." Dies bedeute im Klartext: "Der wird für uns milieukonform entscheiden." Das sei "ein Hammer", so Graf.

 

Friedrich Wilhelm Graf (Evangelischer Theologe)

"Draußen ist die böse Welt. Und wir sind die Guten. Wenn wir merken, dass es auch bei uns nicht so gut ist, dann wollen wir nicht, dass die böse Welt davon Kenntnis nimmt"

Die "Wagenburg-Mentalität" stellt sich dem Theologen so dar: "Draußen ist die böse Welt. Und wir sind die Guten. Wenn wir merken, dass es auch bei uns nicht so gut ist, dann wollen wir nicht, dass die böse Welt davon Kenntnis nimmt."

Selbstaufklärung hat nicht funktioniert

Der Staat trage eine Mitverantwortung für diese Haltung, denn er habe "sein eigenes Recht nicht ernst genommen", so Graf. "Es ist eben nicht nur in der Kirche viel vertuscht worden, es haben auch manche Staatsanwälte nicht genau hingeschaut."

Die Selbstaufklärung der katholischen Kirche habe "offenkundig nicht funktioniert", konstatierte der Theologe. "Wir reden in Bayern derzeit nur über eine einzige Diözese." Der Staat müsse deshalb aktiver werden. Und: "Es muss mehr gesellschaftlicher Druck entstehen."

Graf (73) lehrte bis 2014 als Professor für systematische Theologie und Ethik an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Missbrauchsgutachten: Schwere Vorwürfe gegen Benedikt XVI. und Kardinal Marx

Das lange erwartete Missbrauchsgutachten für das Erzbistum München-Freising belastet amtierende und frühere Amtsträger schwer, darunter auch den emeritierten Papst Benedikt XVI.

Joseph Ratzinger habe sich in seiner Amtszeit als Münchner Erzbischof (1977-1982) in vier Fällen fehlerhaft verhalten, heißt es in der am Donnerstag in München vorgestellten Untersuchung der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW). Erzbischof Kardinal Reinhard Marx, werfen die Anwälte unter anderem vor, sich nicht ausreichend um Fälle sexuellen Missbrauchs gekümmert zu haben.

Münchner Missbrauchsgutachten / © Sven Hoppe/DPA-Pool (KNA)
Münchner Missbrauchsgutachten / © Sven Hoppe/DPA-Pool ( KNA )

 

Quelle:
KNA