Theologe: Corona-Pandemie bietet die Chance zum Umdenken

 (DR)

Die Corona-Pandemie zeigt nach Worten des Theologen Thomas Hieke, dass ein vernünftiger Umgang mit natürlichen Ressourcen möglich ist. Im Streit um den Klimawandel sei vielfach behauptet worden, die Wirtschaft müsse weiterlaufen, um den Wohlstand zu wahren, schreibt Hieke am Freitag in einem Gastbeitrag für das Portal katholisch.de. "Plötzlich stellt ein Virus alles still", so der Alttestamentler. Die corona-bedingten Einschränkungen hätten "eine überhitzte Maschinerie schnell und umfassend fast ganz zum Stillstand gebracht. Wir müssen diese Chance jetzt nutzen, ganz neu anzufangen und unser Wirtschaften auf andere Grundlagen zu stellen und unseren Lebensstil auf den Prüfstand."

Wenn die Gesundheit angegriffen werde, fingen viele Menschen an, nachzudenken, "zu beten oder zu fluchen", schreibt Hieke. Die Todesfälle durch Covid-19 hätten die Begrenztheit und Endlichkeit des Menschen demonstriert. Daher sei die Theologie gefordert - durch Fragen wie die, ob Gott für die Pandemie verantwortlich sei oder ob der Glaube in einer Krise helfen könne. Die Theologie wisse nicht, was Gott wirklich wolle. Sie versuche aber, "Beobachtungen zu deuten und dabei Gott mit einzukalkulieren".

Aus der Perspektive der Vernunft ergebe sich, dass sich der Umgang mit den Ressourcen und mit armen Menschen ändern müsse, mahnt Hieke. "Aus der Perspektive der Theologie, die in Vernunft auch den Blick auf Gott einbezieht, hat Gott dem Menschen die Freiheit gegeben, auf dieser Erde zu schalten und zu walten." Das Ziel sei, die Erde als "ein Lebenshaus für Pflanzen, Tiere und Menschen" zu erhalten.

Insofern gelte es, politisch jede Maßnahme zu prüfen: "Fördert man die alte Gier, die auf Verschwendung von Ressourcen aufbaut und nicht nach morgen fragt? Oder fördert man neue Technologien, die auf Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Umweltverträglichkeit aufbauen?" Auch jede Einzelne müsse sein Konsumverhalten hinterfragen. "Der Zustand vor der Pandemie war keine erstrebenswerte heile Welt", betont der Theologe. "Vielleicht hat Gott uns zeigen wollen, dass wir nicht so weiterwirtschaften können wie bisher."

Theologische Gedanken seien zudem ein Mittel gegen diskriminierende Verschwörungsideologien, so Hieke. "Eine nüchterne, vernunftbasierte Religion ist besser als jede Verschwörungsideologie, die nur aus Hass bestimmte Gruppierungen oder Minderheiten beschuldigen will." (KNA / 17.07.2020)