Telefonische Werbung um Spenden ist umstritten

Ruf mich (nicht) an!

"Spenden macht glücklich", so werben die professionellen Spendenberater von der Gesellschaft für Sozialmarketing (GFS) in Bad Honnef. Großherzig, mit offenem Portemonnaie und offenem Ohr für Soziales und die Not in der Welt, so sollen die Bürger sein. Gerade in der Vorweihnachtszeit werden die rund 39 Millionen Haushalte in Deutschland mit Spendenbriefen und telefonischen Spendenbitten überschüttet.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

Von den Wohlfahrtsverbänden bis zu den SOS-Kinderdörfern und dem Tierschutzverein: Rund 288 Millionen «Mailing» genannte Briefe verschicken Hilfsorganisationen, Kirchen und Stiftungen pro Jahr. Dazu kamen 2007 mehr als 2,5 Millionen Telefonanrufe bei möglichen Spendern, wie die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Nürnberg ermittelt hat.

Es geht um viel Geld: Auf 4,5 bis 5 Milliarden Euro schätzen Experten das jährliche Spendenaufkommen in Deutschland. Immer mehr Einrichtungen und Initiativen kämpfen um diesen zuletzt stabil gebliebenen Finanztopf.

In Deutschland wird das Telefon seit Anfang der 90er Jahre zur systematischen Spendenwerbung genutzt - fast zehn Jahre später und immer noch viel zurückhaltender als in den USA. Dabei ist der telefonische Draht zum Spender bei den Hilfsorganisationen durchaus umstritten. Rund 40 Prozent der größeren Hilfsorganisationen verzichten derzeit auf Telefon-Fundraising, schätzt der Kölner Marketingprofessor Michael Urselmann. Die Hälfte davon aus grundsätzlichen Erwägungen.

Denn weit mehr als 80 Prozent der Bundesbürger empfinden unaufgeforderte Werbeanrufe als unerwünschte Belästigung. Ein Grund dafür, dass der Einsatz dieses Marketing-Instruments in Deutschland eher rückläufig war. Auch rechtlich ist die Spendenwerbung am Telefon kritisch, warnt Daniela Felser vom Deutschen Spendenrat. Man bewege sich in einer Grauzone. Insbesondere der unerbetene Telefonanruf zur Neugewinnung von Erstspendern gelte in Deutschland als «unlauter und unzulässig».

Dennoch wollen viele Spendenorganisationen auf die - rechtlich erlaubten - telefonischen Kontakte zu bereits bekannten Spendern nicht verzichten. Dankeschön-Anrufe bei Erstspendern, Rückgewinnung inaktiver Spender oder Bitten an Mehrfachspender, sich zur regelmäßigen Unterstützung bereitzuerklären: für die meisten Hilfsorganisationen erweist sich dieser Baukasten an Instrumenten als ziemlich erfolgreich.

«Telefon-Fundraising ist eine der intimsten Formen des Spendensammelns», sagt Arne Peper, Spendenexperte und Geschäftsführer der GFS. Der persönliche, individuelle Kontakt von Mensch zu Mensch werde hergestellt. «Wenn man das richtig macht, gibt es eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass man die Spender langfristig an seine Organisation bindet.»

Auch für das von einem Skandal um die Spendenwerbung gebeutelte UN-Kinderhilfswerk Unicef setzt Telefon-Dienstleister bewusst zur Begrüßung neuer Spender sowie zur Rückgewinnung von Fördermitgliedern ein. «Alle Telefonate sind höfliche, informative Gespräche und bieten Unicef die Chance, Danke zu sagen sowie Wünsche und Kritik entgegenzunehmen», heißt es in den Grundsätzen zur Spendenwerbung.

Das Kinderhilfswerk sieht eine hohe Akzeptanz für Telefon-Fundraising. Die Zahl der Beschwerden sei nicht höher als bei E-Mails oder Spendenbriefen, heißt es. Zudem werde jedem Angerufenen «um Einstieg ein schneller Ausstieg aus dem Anruf» angeboten. Nur 0,2 Prozent der Spender wollten keinen Anruf mehr erhalten.