Treffen der Caritas-Verbände zum Thema Digitalisierung in der Pflege

"Technologie muss unsere Sprache sprechen"

Roboter statt Krankenschwester und WhatsApp-Chat statt Arztvisite? An diesem Mittwoch treffen sich alle Caritas-Verbände im Erzbistum Köln und beschäftigen sich mit Sorgen und Chancen der Digitalisierung in der Pflege.

Roboter Pepper, der für den Einsatz in Pflegeheimen programmiert werden soll / © Nadine Vogelsberg (KNA)
Roboter Pepper, der für den Einsatz in Pflegeheimen programmiert werden soll / © Nadine Vogelsberg ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wo wird denn im sozialen Bereich künftig überall digitalisiert, wo funktioniert das schon gut?

Lola Güldenberg (Trendforscherin): Da gibt es viele Beispiele, gerade wenn wir in die Dokumentation schauen - der Pflegedienst muss dokumentieren, was passiert ist. Da kommt bei der Routenplanung Technologie zum Einsatz, damit man sinnvolle Routen abfährt, die auch zeitlich passen.

Ein weiteres Beispiel ist der Bereich der Sensorik, wenn es um Sturzprophylaxe geht oder auch in der Unterstützung bei digitalen Inhalten auf dem Tablet. Es gibt viele, viele Varianten - bis hin zu Robotik.

DOMRADIO.DE: Klingt zunächst gut, sehen Sie das denn auch kritisch?

Güldenberg: Ich glaube, dass Technologie tatsächlich die Pflege erleichtern kann. Aber man muss sie genauer prüfen und genauer hinschauen. Gerade wenn es um ethische und um rechtliche Fragen geht, um Datenschutz und um Sicherheit; da sollte man nicht blind vertrauen, sondern sich diese Technologie untertan machen und sie vielleicht auch mal strapazieren.

DOMRADIO.DE: Ist es denn so, dass Soziale Arbeit zwingend auch digitalisiert werden muss?

Güldenberg: Das kommt auf die Aspekte an. Es gibt Bereiche, die lassen sich automatisieren, weil sie wiederholbar sind. Dort kann Technologie Erleichterung schaffen und Zeit verschaffen für andere Dinge. Technologie kann Kraft geben und so kräftemäßig unterstützen, wenn es darum geht Leute zu waschen, aufzurichten, zu bewegen etc. Ich denke, man muss immer genau differenzieren und schauen, wo die Technologie an welcher Schnittstelle unterstützt.

DOMRADIO.DE: Es geht ja um den Dienst am Menschen. Muss man das da noch einmal besonders berücksichtigen?

Güldenberg: Das sollte man auf jeden Fall berücksichtigen, wie die Technologie mit den Menschen umgeht und umgekehrt. Ich bin der Meinung, wir sollten uns auf keinen Fall der Technologie anpassen, sondern die Technologie muss unsere Sprache sprechen und uns dienen. Und wir sollten da auch ruhig mal von "dienen" sprechen. Das nimmt vielleicht auch die Angst, wenn man genauer hinschaut und versteht, was denn da im Detail passiert.

Wenn ich ein Exoskelett umschnalle - wie funktioniert die Kraftverstärkung tatsächlich? Oder, wenn ich mit Sensorik zu tun habe - wie funktionieren die Netze dahinter? Was passiert mit den Daten? Je mehr ich mich damit auseinandersetze, desto weniger Angst empfinde ich.

DOMRADIO.DE: Viele denken ja sofort an diesen Roboter, der den Mensch in der Pflege ersetzt. Haben Sie da schon Begegnungen gehabt mit Menschen, die aufgrund solcher Bilder sagen: "Ich will das eigentlich alles gar nicht"?

Güldenberg: Die Begegnungen habe ich eigentlich jeden Tag, denn mein Thema ist ja die Zukunft. Und es ist völlig normal und völlig menschlich, dass man Berührungsängste mit der Zukunft hat. Das ist ein Terrain, das wir nicht sofort erfassen können. Wir bewegen uns in Bahnen, die wir vielleicht vorher noch nicht betreten haben oder gedacht haben.

Es ist eine absolut menschliche Reaktion, dass ich Vorbehalte habe und die sind auch richtig. Die Instinkte sind richtig und ich glaube, wenn es um die Robotik geht, müssen wir verstehen dass Robotik immer zu einem bestimmten Zweck eingesetzt ist und nicht, um den Menschen zu ersetzen, sondern zu unterstützen. Es geht nicht darum die Nähe zum Menschen wegzurationalisieren, sondern es geht eigentlich  darum, so zu unterstützen, dass noch mehr Nähe möglich ist.

DOMRADIO.DE: Wenn man sich mit dem Thema beschäftigt, kommt man schnell zu dem Punkt Datenschutz. Muss man bei den Technologien ein besonderes Augenmerk auf den Datenschutz haben?

Güldenberg: Im Grunde funktioniert es wie bei der Mobilität vor 100 Jahren: Als damals mit zunehmendem Maße Autos auf die Straßen kamen, gab es viele katastrophale Unfälle und wir haben langsam gelernt Verkehrsregeln aufzusetzen, den Führerschein ins Leben zu rufen und so weiter.

Das Gleiche passiert gerade mit der Digitalisierung. Ein anderes Beispiel: Ärzte legen den Eid des Hippokrates ab, Programmierer machen das bisher nicht. Vielleicht ist es gar nicht so verkehrt darüber nachzudenken, welche Regeln ich schon allein in der Entwicklung oder in der Digitalisierung an sich mir auferlege, um am Ende Lösungen zu haben, die für den Menschen nutzbar sind.

DOMRADIO.DE: Was ist Ihre Botschaft an alle, die in der Sozialen Arbeit tätig sind?

Güldenberg: Digitalisierung ist kein Feind. Digitalisierung kann helfen. Sie muss dienbar sein, aber dazu müssen natürlich Anforderungen formuliert werden. Und man muss sich trauen, diese Anforderungen zu stellen und sich die Technologie so zu konfigurieren und zu fügen, dass sie mir nützt und mir nicht schadet.


Quelle:
DR