Bischöfe zur Corona-Krise für Kirche und Gesellschaft

Systemrelevant - Zukunftsrelevant - Lebensrelevant

Sind wir überhaupt noch systemrelevant? So laute die bange Frage mancher Katholiken in der Corona-Krise. Darauf gibt es unterschiedliche Antworten. Die Bischöfe Bode, Overbeck und Schick versuchten sich in Fulda an dem Thema.

Autor/in:
Christoph Arens
Pressekonferenz der deutschen Bischöfe / © Julia Steinbrecht (KNA)
Pressekonferenz der deutschen Bischöfe / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Haben sich die katholischen Bischöfe in der Corona-Krise weggeduckt? Dass sie massiv unter Erwartungsdruck standen und es anfangs eine gewisse Schockstarre gab, will der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode nicht leugnen.

"Uns wurde in den vergangenen Wochen manchmal vorgehalten, keine starken Worte eines religiösen Trostes angesichts der Corona-Pandemie zu finden oder auch keinen Kulturkampf um das Recht auf den Gottesdienstbesuch im Lockdown angezettelt zu haben", analysiert der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Mittwoch bei der Herbstvollversammlung in Fulda. Um dann auch einzuräumen: "Als Bischöfe müssen wir uns zum Beispiel selbstkritisch fragen, ob wir nicht gerade für Alte und Kranke viel früher im Lockdown eine Anwaltschaft hätten wahrnehmen müssen."

Bode: Verzicht auf Gottesdienste war richtig

Sicher ist sich Bode, dass der Verzicht auf öffentliche Gottesdienste zu Beginn der Einschränkungen richtig war. Die Kirche hätte sich zu Recht massive öffentliche Vorwürfe eingehandelt, wenn Gottesdienste und religiöse Feiern zu einer massiven Ausbreitung des Virus beigetragen hätten, sagt er.

Und die religiöse Interpretation der Krise? Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki glaubt, Corona habe bewirkt, "dass wir als Menschen vor unsere Endlichkeit gestellt worden sind". Durch die Pandemie seien "Sterben und Tod in die Mitte der Gesellschaft gerückt". Darauf habe die Kirche "oftmals keine Antworten" gehabt oder "sich nicht getraut, Antworten zu geben".

Bode setzt einen etwas anderen Akzenz: "Gott sei Dank wurden vollmundige Reden von Corona als Strafe Gottes für Liberalität in der Gesellschaft als theologischer Unsinn zurückgewiesen", betont der Bischof. Er sieht "gute theologische Gründe, in unserem Reden von Gott sehr bescheiden, ja demütig zu sein". Ziel der Kirche müsse es sein, Gottes Nähe auch angesichts der teilweise lebensbedrohlichen Krise erfahrbar werden zu lassen.

Kritik am Kurs der Bischöfe hatte es von Anfang an gegeben. Konservative Katholiken hielten ihnen vor, den staatlichen Verboten öffentlicher Gottesdienste willfährig gefolgt zu sein. Mit Blick auf Besuchsverbote in Seniorenheimen protestierte Jesuitenpater Klaus Mertes gegen die herrschende Schutzlogik und forderte eine klare Stellungnahme der Kirche: "Es ist ein fundamentales Recht jedes Menschen, in der Not Beistand zu bekommen, selbst wenn sich für ihn ein Infektionsrisiko ergibt."

Ist die Kirche noch systemrelevant?

Für Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), stellte sich mit Blick auf die Corona-Krise auch die bange Frage, ob die Kirche überhaupt noch "systemrelevant" sei. In Fulda konnten die Bischöfe diesem Begriff wenig abgewinnen. Kirche müsse "zukunftsrelevant" sein, sagte der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick. Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck nutzte lieber den Begriff "lebensrelevant". Und räumte zugleich ein, dass viele Kirchen nach der Wiederaufnahme der Gottesdienste nicht übergequollen seien.

Corona als Weckruf? Als Turbo-Antrieb für Reformen? Zumindest aus Sicht von Bode wird die Pandemie das kirchliche Leben ziemlich umkrempeln. Die Pastoral der Zukunft werde "weniger klerikerzentriert, dafür aber mit engagierten Gläubigen und damit auch partizipativer, selbstbestimmter und vielfältiger werden", sagte er.

Bode: Den Raum der Kirche erweitern

Der Bischof beobachtet auch eine Verlagerung der Seelsorge aus der Kirche hinaus. "Die Menschen konnten nicht mehr zu uns in die Kirchen kommen. Die Seelsorge musste zu den Menschen gehen, dorthin, wo sie leben und arbeiten." Angebote der Telefonseelsorge, Beratungsdienste der Caritas oder die Seelsorge in Krankenhäusern und Altenheimen hätten an Bedeutung gewonnen. Auch in der Ökumene habe es Fortschritte gegeben.

Ein Testfall für diese veränderte Form von Kirche dürfte die emotional hoch besetzte Advents- und Weihnachtszeit werden. Bode warb dafür, "den Raum der Kirche in die Städte und Dörfer zu erweitern". Auch gemeinsame ökumenische Aktionen seien wichtig. Denkbar seien etwa kleine Gottesdienste und Feiern auf Marktplätzen oder in der Natur. Nicht vergessen werden dürfe aber auch die menschliche Nähe - also Besuche bei Kranken, Alten, bei Obdachlosen und in Gefängnissen.

Deutsche Bischofskonferenz

Die Deutsche Bischofskonferenz ist der Zusammenschluss der katholischen Bischöfe in Deutschland. Sie leiten als Ortsbischöfe eines der 27 Bistümer oder unterstützen als Weihbischöfe. Insgesamt gehören ihr derzeit 67 Mitglieder an.

Ebenfalls zur Konferenz gehören - auch wenn sie nicht Bischöfe sind - Diözesanadministratoren, die ein Bistum nach Rücktritt oder Tod eines Ortsbischofs übergangsweise verwalten.

Logo der Deutschen Bischofskonferenz auf einem Schild neben dem Eingang zum Sekretariat der DBK / © Julia Steinbrecht (KNA)
Logo der Deutschen Bischofskonferenz auf einem Schild neben dem Eingang zum Sekretariat der DBK / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA